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unrichtig und vereint richtig sind, deren Einheit sich
aber in dem Augenblick vollzieht, wo sie geschaut
wird; denn ihr Wert beruht auf dieser Einheit und
nur deren Anschauung hat ihre Wahl veranlasst.
Was ist nun diese prophetische Geistestat, die aus
einer Unendlichkeit von Möglichkeiten, die nicht alle
erprobt werden können, in demselben Moment zwei
herausgreift, die zu einander gehören? vereint richtig
wirken und einzeln unrichtig? Diese Geistestat ist,
so weit meine Erkenntnis reicht, völlig unerklärlich.
Aber in der Chemie kommt etwas ähnliches vor.
Lässt
man
Schwefelsäure
und Zink
auf
einander
ein-
wirken, so tritt eine Erscheinung ein, die man früher
als disponible Wahlverwandtschaft bezeichnete. Zink
zersetzt reines Wasser bei gewöhnlicher Temperatur
nur sehr langsam; fügt man aber Schwefelsäure hinzu,
so erfolgt die Zersetzung des Wassers schnell, ob-
wohl die Säure sich nur mit dem Zinkoxyd verbindet.
Man erklärte das früher so, dass die Verwandtschaft
der Säure mit Zinkoxyd dem Metall die Fähigkeit
verleihe, den Sauerstoff des Wassers an sich zu ziehen
und dieses so zu zersetzen, d. h. man schrieb dem
Zinkoxyd eine Wirkung zu, die tatsächlich seiner
Bildung vorausgeht. Die Unklarheit dieser Hypothese
rührt daher, dass man Umsetzungen als aufeinander-
folgend annahm, die tatsächlich zugleich stattfinden.
Das Zinkoxyd bildet sich nicht vor seiner Verbindung
mit der Schwefelsäure, sondern im Moment der Ver-
einigung. Es ist ein chemischer Vorgang, der ineder