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seiner Erkenntnis und Erfahrung ab. Je genauer
seine Anschauungskraft, um so deutlicher tritt der
Wert, das Wesentliche und die Wahrheit jeder Einzel-
heit, die er aus dem Gedächtnis zeichnet, hervor;
um so mannigfaltiger stehen die Bilder, aus denen
er wählen kann, vor seinem inneren Auge da. Seine
Erfahrung hilft ihm die verkehrten Kombinationen
schnell auszuschalten oder umzugestalten.
Ist diese Fähigkeit glänzend, dann heißt sie geistreich.
Nicht als wäre dies ihre einzige Bedeutung; nur in
Beziehung zu der hier in Betracht kommenden Funk-
tion der Fantasie. Diese Fähigkeit äußert sich in
den einzelnen Künstlern ganz verschieden. Manche
haben stets ganze Heere von Bildern zur Verfügung;
andere nur wenige, undeutliche und können sie nicht
einmal recht verwerten. Sind die geistreichen An-
schauungen glänzend, dann wird das Bild interessant;
sind sie richtig und systematisch kombiniert und gut
dargestellt, dann macht es Eindruck; sind sie scharf-
sinnig und eigenartig kombiniert, dann wirkt es fesselnd
und anziehend.
In alledem hat sich die Fantasie aber noch nicht
offenbart. Dies alles ist zu lehren, zu verstehen und
zu begreifen. Nicht aber die Fantasie; weder durch
Anstrengung, Analyse noch Scharfsinn ist sie zu er-
gründen und zu gewinnen.
Man hat behauptet, komponieren bestehe nur in der
Auswahl und Zusammenstellung gleichartiger und ent-
gegengesetzter Vorstellungen, oder solcher von ab-