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bevölkerte, waren dieselben, die noch heute um
die Trümmer seiner Altäre rauschen und fluten.
Seine Fantasie war von sichtbaren und möglichen Ge-
stalten erfüllt, und ihre Fleisch gewordene Schönheit
kann man nur verstehen, wenn man weiß, wie rein die
ursprüngliche Vorstellung war, die sie wach gerufen.
Wo Göttlichkeit auf den Zügen oder der Gestalt des
überirdischen
Wesens
thront,
darf
sie
ohne
Zll
fremden
auf
dem
Wirbelwind
reiten
und
auf
den
Wolken wandeln. Trägt sie aber Züge der Sterblich-
keit, dann wird keine Umgestaltung der Erdformation
ihr den Eindruck himmlischen Ursprungs verleihen.
Gibt es also keinen idealen Landschaftscharakter?
Ohne Zweifel; und Reynolds hätte ihn seinem Wesen
nach wohl erkennen können. jedes Kraut, jede
Blume, jeder Baum hat eine ideale Form, die jedes
Individuum der Gattung unter günstigen Umständen
erreichen kann. jeder Landschafter sollte die charak-
teristischen Merkmale aller Einzelheiten, die er dar-
stellt, kennen. In seinen höchsten Idealwerken wer-
den alsdann alle Verschiedenheiten vollkommen zum
Ausdruck kommen, je nach der Bedeutung des Ein-
zelnen für das Ganze. Wo es sich um Erhebungen
des Bodens handelt, wird er die Unterschiede streng
gliedern, wie der Bildhauer in einer Kolossalstatue
die Muskulatur andeutet. Wo es sich um Schönheit
handelt, muss sie mit dem größten Raffinement, des-
sen seine Hand fähig ist, ausgedriickt werden . . .
Reynolds erteilt den Rat, die besondere Formation