Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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Orte der Fäulnis durchschreiten, es bleibt nichts an 
ihm haften. Oder er tauft alle Dinge und wäscht 
sie rein mit Wasser, wie unser Stothard. Der Künstler 
muss aber selbst danach verlangen, daher findet es 
sich nur in den Werken geistig gerichteter Menschen. 
Es lehren oder erläutern zu wollen wäre vergeblich. 
Auch gehört dies zu der Darstellung der seelischen 
Abbilder der Dinge, und nicht zu den Dingen selbst, 
worüber mehr gelegentlich der Fantasie zu sagen ist. 
Hier nur wenige große praktische Prinzipien. Die reine 
Darstellung des Nackten beruht in erheblichem Maße 
auf Intensität und Wärme der Farbe. Ist sie opal, 
erdig kalt und ermangelt des glänzenden Fleischtons, 
so werden die Linien wahrer Schönheit, wenn sie 
streng und fest sind, ohne den Schimmer und die 
Steigerung der Natur, hart erscheinen, so dass der 
Maler, um die Vorstellung von Fleisch zu erzielen, 
genötigt ist, sie lüsterner Fülle und Rundung zu 
opfern. Aber damit ist jede Idealität von Form und 
Farbe zerstört und Alles oberflächlicher Lüsternheit 
iiberantwortet. Echte Farbenglut dagegen bringt so- 
wohl edlere Formenstrenge hervor, als sie an sich 
wie Feuer wirkt, reinigend und läuternd. Die bloße 
Kraft vollendeter Farbe erlöst in gewisser Weise 
selbst eine niedrige Geistesrichtung. Tizian, der oft 
niedrige Gegenstände behandelt, oder hohe Dinge 
niedrig, wie die widerwärtige Magdalena im Palast 
Pitti und Barberigo in Venedig, versöhnt alles durch 
die Herrlichkeit seiner Farbe; so kann er gar nicht
	        
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