Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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heut übliche Porträtkunst, die in jedem Beiwerk der 
Eitelkeit schmeichelt, indem sie auf das hinweist, was 
die Person besitzt oder geleistet zu haben glaubt. 
Solcher Praxis ist Holbeins hohe Herbigkeit, Rafaels, 
Tizians, Giorgiones und Tintorettos ausdrucksvoll be- 
scheidene Einfachheit völlig entgegengesetzt. Bei ihnen 
macht weder die Rüstung den Krieger, noch das 
Seidenkleid die Dame. In Venedig sehen wir die 
siegreichen Dogen nicht im Schlachtengetümmel, im 
Triumph der Heimkehr, oder vor Thron und Baldachin 
dargestellt, sondern knieend, ohne ihre Kronen und 
Gott Dank für seine Hilfe weihend; oder aber als 
Priester, die für die bedrängte Nation Fürsprache 
einlegen. 
Das andere Moment, das die Gestalt zerstört, ist das 
Zutagetreten ihres sinnlichen Charakters. Obwohl es 
für die moderne Kunst nicht weniger verhängnisvoll 
geworden ist, ist seine Wirkung doch subtiler und da- 
her schwieriger nachweisbar. Es ist nicht möglich, die 
verschwindenden Nuancen festzustellen, durch welche 
die rechte Auffassung der menschlichen Gestalt von 
der geschieden ist, die lüstern und faul wirkt. Das, 
was der Maler liebt und sucht, liegt seiner Dar- 
stellung zu Grunde. Ist er unreinen und schwäch- 
lichen Sinnes, wird alles, was er berührt, besudelt. 
So legt Bandinelli einen niedrigen Fleischeshauch 
über seinen marmornen Christus, wie so viele mo- 
derne 
Maler. 
Ist 
der 
Künstler 
aber 
kraftvollen 
und 
reinen 
Geistes, 
wie 
Michelangelo, 
dann 
mag 
153 
alle
	        
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