Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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malten 
und 
das 
Gute 
fortließen. 
Selbst 
Tizian 
ist 
das in seiner Akademiestudie zu Venedig begegnet, 
die er St. Johannis benennt, und allen Künstlern nach 
Rafaels Zeit, die ich kenne, wie Guido Reni und den 
Carracci. Trotzdem bildet es die notwendige und be- 
währte Basis aller idealen Kunst, noch hat je ein 
großer Mann geträumt, sie bis ans Ende seiner Tage 
entbehren zu können. Es gibt kein sichtbareres 
Zeichen mangelnder Lebenskraft und Hoffnungsfreude 
der gegenwärtigen Malerschulen, als die unglückliche 
Niedlichkeit, mit der sie alles gleich maskieren, gegen 
die sie vielmehr, in ihrem Hunger nach dem Linsen- 
gericht, alles Erstgeburtsrecht und alle Kraft der Natur 
eintauschen. Eine Niedlichkeit, die im Atelier gespon- 
nen und ausgewirkt wird, bis die Kunst schließlich 
nichts besseres darstellt, als Puppen, denen in Barbier- 
fenstern und Modejournalen Haare und Kleider umge- 
hängt werden; abstoßend für jeden, der offene Augen 
hat für das göttlich unsterbliche Siegel auch auf 
gewöhnlichen Zügen, denen er auf den Landstraßen 
und an den Zäunen täglich und stündlich begegnet; 
eine Herrlichkeit, welche die angestrengteste Kon- 
zeption und alles verwirklichende Können übertrifft. 
Nur Liebe vermag diese Zeichen zu lesen, nur Sym- 
pathie ihren Laut zu vernehmen. Keine reine Leiden- 
schaft, die verstanden oder dargestellt werden könnte, 
als von Herzensreinheit; ein faules oder rohes Ge- 
fühl findet in allem nur sich selbst wieder, und wird 
alles Hohe schmähen und verlästern. Es erblickt im 
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