Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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Beziehungen von gut und böse, die darin um die 
Herrschaft gerungen haben, richtig ermisst. Sonst 
ist die Kunst seicht und verächtlich. Verallgemei- 
nerung oder Zusammenschweißen individueller Cha- 
rakteristiken führt nur dazu, den Charakter zu ver- 
wässern, und wirkt durch Mangel an Wahrheit peinlich. 
In der Gewohnheit der großen alten Maler, Porträts 
in ihre höchsten Werke einzuführen, sehe ich nicht 
nur keinen Irrtum, sondern die Quelle und Wurzel 
ihrer Überlegenheit in allen Dingen. Denn sie waren 
zu groß und zu demütig, um nicht in jedem Antlitz 
um sie her das zu sehen, was über ihnen stand, 
und was ihre Fantasie allein weder erreichen noch 
verdrängen konnte. Daher haben sie die Gewohnheit 
beständig zu porträtieren, sowohl zu Studienzwecken 
als zu Zwecken der Analyse, wie Leonardo. Künst- 
ler wie Rafael, Tizian, Tintoretto, studieren und 
malen fleißig Porträts der Männer ihrer Zeit. Por- 
träts, um der Vornehmheit persönlicher Charaktere 
willen, selbst in ihren höchsten Schöpfungen der Fan- 
tasie, wie Ghirlandajo immer, ebenso Masaccio, und 
alle Männer höchster, reinster, idealer Absichten, 
Giotto z. B. in seinen Charakteristiken der Mönchs- 
köpfe. Diese Praxis hatte allerdings eine gefährliche 
Tendenz für Menschen niedriger Gesinnung, die Mo- 
delle als solche benutzten und sie hinstellten, wo 
sie nicht hingehörten; oder bei solchen, die ihre Mo- 
delle nicht mit liebevollem eindringendem Verständnis 
betrachteten, sondern nur ihr Äußeres oder ihr Böses
	        
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