liche Wahrheit der Natur bietet sie uns menschliche
Surrogate. Das sind Zeichen einer niedrigen, falschen
Schule. Das Können des Künstlers und seine Voll-
endung erweist sich erst darin, dass man jenes über
dieser vergisst. ,
Einer großen Dichtung gegenüber sind wir ganz in
den Inhalt versenkt. Wir sehen, wie der Künstler
sieht, aber wir sehen ihn nicht. Wir werden Teil
von ihm, wir fühlen, urteilen wie er. Denken wir
an Aeschylos, während wir Kassandras Schweigen
lauschen? Oder an Shakespear, während wir Lears
Wehklagen horchen? Die Größe des Meisters offen-
bart sich in seiner Selbstvernichtung. Jeder große
Dichter lenkt den Sinn von sich auf die Schönheit,
die er nicht geschaffen, und auf das Wissen, das
seine Erkenntnis übersteigt.
Dasselbe gilt von der Malerei. Aber bisher hat die
Landschaftsmalerei nicht gesucht, Gott die Ehre zu
geben. Ist der Leser starr bei diesen Worten, als
wollte ich die Würde der Religion damit herabsetzen?
Sein Erstaunen ist ein Beweis, dass mein Standpunkt
der rechte ist. Es klingt wie wilde, törichte Trunken-
heit, eine bestimmte moralische Wirkung von der
Landschaftsmalerei zu erwarten. Aber muSS es so
klingen? Ist die sichtbar gemachte Farbe, die wahr-
genommene Herrlichkeit der Formation ein so wir-
kungsloses Instrument in des Künstlers Hand, dass
sie nur die Neugier befriedigen und die Langeweile
vertreiben kann? Heißt es nicht die ihm zu Gebote