Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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kehrt. 
Vom 
idealen 
Antlitz 
dürfen 
wir 
nicht 
die 
Spuren des Schmerzes verbannen, noch vergangner 
Leiden; nicht einmal von vergangner und überwundner 
Sünde; sondern nur die unmittelbare Wirkung jeder 
bösen, kalten und hohlen Empfindung. In dem Kampf 
zwischen Leib und Seele können wir andeuten, dass 
der Leib besiegt und verschlissen sei und die Spuren 
harten Kampfes und bitterer Pein trage, ohne damit 
die Reinheit des Ideals zu verringern. Da es nicht 
in der Möglichkeit der menschlichen Fantasie liegt, 
die zahllosen Besonderheiten von Erfahrung, Leiden 
und Empfindungen auszuklügeln, die ihre Züge jedem 
Antlitz unauslöschlich eingeprägt haben, kann kein 
wahres Ideal erreicht werden durch irgend welche 
Kombination, noch durch ein ineinander kneten und 
verschmelzen individuell verschiedener Schönheits- 
züge, ohne ein bestimmtes Vorbild. Aber aus jedem 
Antlitz, das auf seiner Stirn das göttliche Siegel trägt, 
ist es möglich, ein vollkommenes Ideal heraus zu 
arbeiten. Gewöhnlich wird die Porträtmalerei der 
idealen Darstellung entgegengesetzt. Und dennoch 
kann kein Antlitz ideal sein ohne Porträtähnlichkeit. 
Das 
Streben 
nach künstlerischem Idealismus kann nur 
dann erfolgreich sein, wenn die Kunst sich der gedul- 
digen und demütigen Wiedergabe wirklicher Modelle 
befleißigt und alles auszulegen versteht, was das 
Leben auf die Ziige geschrieben hat; wenn sie die 
heiligen Hieroglyphen ihrer Geschichte entwirrt, den 
Vorhang des leiblichen Tempels zerreißt und die
	        
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