Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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sie muss ungerecht sein; noch Furcht, denn sie über- 
treibt alle Dinge; noch List und Betrug, denn der 
Unwahrhaftigkeit, der wir uns erst bewusst schul- 
dig gemacht, verfallen wir bald unbewusst. Ge- 
recht urteilt allein Selbstbeherrschung, wandelloses 
Vertrauen, tiefblickende Liebe und ein Glaube, der, 
da er höher ist als alle Vernunft, am geeignetsten ist, 
von seinem hohen Sitz herab ihre Zügel zu lenken. 
Wer volle Entwicklung des intellektuellen Typus für 
möglich hält, ohne nach tieferen Quellen der Schön- 
heit auszuschauen, verfällt damit gröblichem Irrtum. 
Obwohl moralisches Empfinden die Verstandeskräfte 
erhebt, nimmt es in dieser Verbindung leicht zu brei- 
ten Raum ein, und überschattet alles andere. Damit 
ist die gleichzeitige Wirkung beider gewissermaßen 
ausgeschlossen. Gelegentlich tritt auch die mora- 
lische Kraft in voll entwickelte Aktion, ohne den 
Verstand zu steigern, obwohl es nie ein ungesunder 
Zustand ist, den Wordsworth in die Worte fasst: 
„In der hohen Stunde 
Des Nahens des lebendigen 
Gottes 
Hörte 
das 
Denken 
allia 
Blicken wir aber tiefer, dann sehen wir, dass nicht 
der Verstand selbst, sondern das angestrengte Rin- 
gen einer ungenügenden Verstandeskraft, mit hoher 
moralischer Emotion unvereinbar ist. Obwohl wir 
nicht zugleich tief empfinden und scharf urteilen, 
können wir doch nur da voll verstehn, wo wir tief
	        
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