lente jeder Generation eines Volkes befähigt, wenn
sie denselben Fleiß, dieselbe Leidenschaft auf ihr
Ziel verwenden wie die Alten, ihrer Art nach etwas
eben so Großes zu vollbringen, denn abstrakte Vollen-
dung auf einem Gebiet schließt nicht jede Vollendung
auf allen Gebieten in sich.
Wenn ein Künstler befähigt ist, die Werke der Ver-
gangenheit an Größe zu erreichen oder zu über-
treffen, so werden seine Schöpfungen der Manier und
Materie nach ganz andere sein als alle vorhergegan-
genen. Statt nun in Kunstangelegenheiten zu folgern,
ein Werk, das keinem früheren, als Kunstkanon gelten-
den, gleiche, müsse untergeordnet sein, halten wir es
vielmehr für möglich, dass sich darin ein neuer und
vielleicht höherer Kanon kündige. Wenn ein moder-
nes Kunstwerk die Autorität der Natur auf seiner
Seite hat und auf ewigen Wahrheiten beruht, so
spricht dies mehr für seine Größe als sein Unter-
schied mit allem voraufgegangenen.
Wenn solch Talent erstünde, würde es die Welt der
Kritik in zwei Lager spalten. Das eine wären die
Leute, die unfähig sind etwas ohne Präzedenzfall zu
beurteilen; die nur mit den Wahrheiten früherer
Kunstwerke vertraut sind. Ihr Tadel würde an Heftig-
keit und Animosität wachsen, je weiter sich der
Meister von ihrem besonderen Kanon entfernte. Die
kleinere Partei, vorurteilslos, mit weiterem Horizont,
erblickte in dem Werk des kühnen Neuerers ein Zeug-
nis für bisher unerkannte Wahrheiten. Ihre feurige