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nen. Es ist lehrreich zu sehen, wie genau Michel-
angelo in der Wiedergabe solcher Dinge ist. Wie
die Schlangen auch die Arme ihrer Opfer umklammern
und zerdrücken, und das ganze Bündel Qualen sich in
einander verknotet, bis wir das Knacken der Knochen
unter dem scheußlichen Geringel der herangleitenden
Folter zu hören glauben.
In der christlichen Kunst muss man die Empfin-
dung in den schöneren Altargräbern des Mittelalters
mit den Monumentalwerken nach Michelangelo ver-
gleichen; besonders mit Werken von Roubillac oder
Canova.
In
der
Kathedrale
VOII
Lucca
ist
ein
Denkmal
VOII
Jacopo
mahlin
della Quercia für Ilaria di Caretto, der Ge-
des Paolo Guimigi. Ich nenne es nicht, weil
CS
schöner oder vollkommener wäre, als
andre Werke
derselben Zeit. Aber es ist ein Beispiel, das genau
und exakt die Mitte hält zwischen der Herbheit und
Roheit
früher
monumentaler
Bildwerke
und
der
krankhaften Nachahmung von Leben, Schlaf oder Tod,
den die moderne Richtung verfolgt. Sie liegt auf
einem einfachen Lager ausgestreckt, ihr zu Füßen ein
Hund; sie ruht nicht auf der Seite, sondern das
Haupt liegt einfach und gerade auf dem harten Kissen,
auf dem kein Versuch sichtbar ist, die Täuschung
hervorzurufen, als drücke das Haupt das Polster ein.
Man erkennt es als Kissen, verwechselt es aber nicht
damit. Das Haar liegt in einer breiten Flechte über
der schönen Stirn, die gewölbten, süßen Augen sind