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Menschen lebhaften Geistes und starker Emplindungs-
fähigkeit. Bei gewöhnlichen Naturen tritt das erstere
in höherem Maße ein. Der Wunsch nach Aufregung
und die mangelnde Fähigkeit, sich liebend und be-
trachtend einer Sache hinzugeben, ist charakteristisch
für sie. Aber niemals ist Gewohnheit im stande,
das Wesen der Schönheit zu schaffen oder zu zer-
stören.
4. Hängt Schönheit nicht von Ideenverbindungen ab.
Denn diese sind erstens vernunftgemäß und nicht
Ursache der Schönheit. Zweitens sind sie zu-
fällig, aber ihr Einfluss ausgedehnter als man gewöhn-
lich annimmt. Nicht nur lebhafte Emotionen und
mit
aufregenden Interessen
verknüpfte Umstände
hin-
terlassen
ihr
Licht
und
ihren
Schatten
auf
den
wusstlosen Dingen, unter denen sie empfunden wur-
den; sondern das Auge kann nicht in einem Moment
der Erhebung oder der Herabstimmung auf einer
äußern Form ruhen, ohne ihr Geist und Leben mit-
zuteilen. Ein Leben, das ihren Anblick später in
gewissem Grade geliebt oder gefürchtet macht
ihr Zauber oder Schmerzgewalt verleiht, die wir uns
selbst nicht erklären können, und die nur fühlbar
wird durch ihren zarten Einfluss auf unsere Beur-
teilung komplizierter Schönheit. Hat unser Auge
während des Gesprächs mit einem Freunde un-
bewusst auf einem seltsam geformten Zweige ge-
ruht wenn wir das Gespräch und jeden damit zu-
sammenhängenden Umstand auch längst vergessen