Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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der Schönheitssinn zum Diener der Lust herabsinkt. 
Auch ist das, was die Welt gewöhnlich unter Ge- 
schmacksbildung versteht, nichts anderes oder bes- 
seres. Wenigstens in Zeiten korrumpierter, über- 
feinerter Kultur, in der die Menschen Paläste bauen, 
Lusthaine pflanzen und Luxus aufhäufen; sich und 
ihre Anschläge in die Ecken der Welt hängen, wie 
feine Spinnweben, mit aufgeblasenen, gierigen, spin- 
nenhaften Lüsten darin. Dies, was in christlichen 
Zeiten zum Verderb und Missbrauch des Schönheits- 
sinnes wird, war in jenen heidnischen Zeiten, von 
denen der Apostel spricht, nicht weniger als ihr We- 
sen, und das Beste, was sie besaßen. Ich kenne 
keine Ausdrücke der Liebe zur Natur bei heidnischen 
Schriftstellern, deren leitende Gedanken nicht auf 
ihre sinnliche Seite Bezug nähmen. Sie begehrten 
ihre Wohltaten und fürchteten ihre Gewalt. Ihre Leh- 
ren haben sie niemals begriffen. Die linden Wirkun- 
gen sanfter Winde, gewundener Ströme und schattiger 
Abhänge, der Veilchenbeete und Platanenschatten, 
genossen sie vielleicht in vornehmerer Weise als wir. 
Aber die kahlen Berge und gespenstischen Schluchten 
flößten ihnen nur Schrecken ein. Die Hybla Heide 
liebten sie weniger ihres süßen Honigs, als ihrer 
Purpurfarbe wegen. Aber die christliche „Betrach- 
tung" sucht nicht das, was der Epikuräer suchte, 
obwohl sie es ihrer eigenen Reinheit verschmilzt. 
Denn sie findet überall Nahrung und überall etwas 
zu lieben. In dem Herben und Furchtbaren wie in
	        
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