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Wirkung zu allen übrigen stehen. Durch Über-
feinerung eines einzelnen, denn Quellen krank-
haften Genusses und entsprechende Versuchungen
zu unvemünftiger Befriedigung sind mit allen ver-
bunden, machen wir sie mehr zu Werkzeugen der
Qual als des Genusses.
Wir bewerten Genüsse des Sehens und Hörens höher,
weil sie erstens ewig und unerschöpflich sind; zwei-
tens, weil sie augenscheinlich nicht Mittel oder Werk-
zeug des Lebens, sondern Lebensinhalte sind. Ein
Lebensinhalt aber, der unendlich ist und um seiner
selbst willen begehrt wird, trägt sicherlich etwas
Göttliches an sich. Denn Gott macht nichts zum
Lebensinhalt seiner Geschöpfe, was nicht auf ihn
hinwiese oder an ihm selbst Teil hätte. Auch wenn
wir die Genüsse des Schauens nur als höchste sinn-
liche Genüsse betrachten müssten; wenn sie selten
wären, vereinzelt und unvollkommen, dennoch würde
ihnen etwas übernatürliches anhaften, weil sie sich
selbst genug sind. Erscheinen sie aber nicht mehr
vereinzelt, zerstreut oder zufällig, so rufen sie
nicht nur ein starkes Gefühl der Zuneigung her-
vor zu dem Objekt, auf das sie sich konzentrieren,
sondern wir nehmen wahr, dass sie unseren Nei-
gungen entsprechen, sich ihnen anpassen, zweck-
dienlich sind, und bemerken eine unmittelbare Wir-
kung der Intelligenz, die uns also gebildet hat und
also ernährt.