163
sie nicht um ihrer selbst willen gesucht werden, son-
dern Ausdruck höherer Empfindungen sind.
Aristoteles unterscheidet die Menschen in maßvoll
und maßlos Genießende. Obwohl seine Angaben den
Tatsachen entsprechen, lässt er es oft an genügender
Begründung fehlen. Er entwickelt nicht, warum be-
stimmte Genüsse allgemein für gemein gelten, und
verwirrt uns mit der gelegentlichen Behauptung, auch
höhere Genüsse ließen maßlose Hingabe zu. Wie
kommt es aber, dass man niemandem Unmäßigkeit vor-
wirft, der diese Genüsse übertreibt? Nur der gilt für
unmäßig, dessen Triebe mächtiger sind, als seine Ver-
nunft. Wenn es sich erweist, dass die Vernunft mit
ihren Warnungen nicht geirrt hat, aber ihre Stimme
übertäubt worden, und die vernünftige Kreatur um
die Wälle ihrer eigenen Festung zu Tode geschleift
wird, bloß durch Hingabe an ihre Leidenschaft,
dann, und nur dann wird ein solcher Mensch un-
mäßig genannt. So bei ungeordneter Nachgiebigkeit
an Genüsse des Fühlens und Schmeckens. Ununter-
brochen genossen, zerstören sie nicht nur alle andern
Genüsse, sondern auch deren Möglichkeit. Ein ihnen
gegenüber willenloser, haltloser Mensch wird mit
Recht unmäßig genannt.
Derartige Genüsse sind erniedrigend, erstens, weil
ihre Befriedigung sie als vernunftwidrig erweist. Es
ist unmöglich, dass sie auf die Dauer neben den hö-
heren Genüssen und der wahren Vollkommenheit des
Menschen bestehen können. Zweitens sind sie nie-