Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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MODERNE 
KUNST 
UND 
MODERNE 
KRITIK 
. . . . Wir wissen alle, dass die Nachtigall schöner 
als die Lerche singt; wer möchte aber deswegen 
wünschen, dass die Lerche nicht sänge oder die Be- 
deutung ihrer Stimme in den Melodien der Schöpf- 
ung für unwesentlich erklären? Welcher Unterschied 
auch bestehe zwischen den geistigen Fähigkeiten der 
Künstler: wo sich wahres Genie offenbart, wird auch 
der 
Bescheidenste 
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etwas 
lehren 
können . 
Der 
öffentliche Geschmack ist, soweit er die Kunst er- 
mutigt und erhalten hat, zu allen Zeiten derselbe 
gewesen: eine zufällige, schwankende Strömung unbe- 
stimmter Eindrücke, immer zu Wechsel geneigt, 
epidemisch auftretenden Wünschen unterworfen und 
erregt durch ansteckende Leidenschaftlichkeit; Sklave 
der Mode und Narr der Einbildungen; aber doch mit 
eigentümlicher Hellsicht unterscheidend zwischen 
dem besten und schlechtesten in der besonderen 
Nahrung, die seinen krankhaften Appetit reizt. Er 
hat niemals geirrt und immer das erkannt, was das 
Genie erzeugt hat, auch wenn seine Leistungen durch 
irrtümliche Ziele erniedrigt wurden. Der öffentliche 
Geschmack 
kann 
Künstler, 
die 
der 
höchsten 
Kunst 
fähig wären, zu Porträtmalern ephemerer Mode herab- 
würdigen; er wird aber immer wissen, wer unter 
ihnen am meisten Geist besitzt. Er wird den, der ein 
Buonarotti 
hätte 
werden 
können, 
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dem 
der 
ein 
Bandinelli geworden wäre zu unterscheiden wissen, ob- 
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