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Aber noch jetzt, wenn ich den Leser am frühen Mor-
gen auf den Quai unterhalb des Rialto versetien
könnte, wo die Marktschilfe, voll beladen, in Fluten
goldner Farbe daher kommen, und er das Sprühen
des Wassers an ihren glänzenden stählernen Häup-
tern und unter den Schatten ihrer lastenden Wein-
blätter sähe; wenn ich ihm die purpurnen Trauben
und Feigen zeigen könnte und das Glühen der
scharlachnen Kürbisse, das in langen Strömen
von den Wellen fortgetragen wird, und dazwischen
die feuerroten Fischkörbe, in denen es glänzt und
strampelt und in der Morgensonne auftlammt, die auf
ihre gelbbraunen Flanken fällt; und darüber die be-
malten Segel der Fischerboote, orangegelb und weiß,
scharlach und blau; und schöner als all die laute
Farbe, die nackten, bronzierten, leuchtenden Glieder
der Matrosen, ein Rest der alten venezianischen Rasse,
die noch die wahre Giorgione-Farbe an Stirn und
Brust trägt, seltsam kontrastierend mit den blassen
sinnlich-degradierten Geschöpfen, die in den Cafes
der Piazza zu Hause sind; dann würde der Leser
Canaletto nicht mehr Barmherzigkeit widerfahren
lassen.
Und doch ist Canaletto in den Wahrheiten, die er gibt,
noch geistig und mächtig, verglichen mit den nieder-
ländischen Marinemalern. Es ist leicht verständ-
lich, warum seine grüne Malerei und konkaver Pinsel-
strich das Wasser wiederzugeben scheinen, dessen
wirkliche Farbe man nur mit einer Aufmerksamkeit