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inhärente Farbe des Wassers modifiziert die dunklen
Spiegelungen, aber nicht die hellen. Hierfür Beispiele
aus meinem Tagebuch in Venedig:
17. Mai. 4 p. M. Gegen Osten ist das Wasser
ruhig und spiegelt Himmel und Schiffe in dieser
Eigentümlichkeit wider: der Himmel, blassblau, ist
in der Spiegelung von demselben Ton, nur etwas
tiefer; aber die schwarzen Schiffsrümpfe werden blass
meergrün widergespiegelt, in der natürlichen Farbe
des Wassers im Sonnenlicht; während ihre orange-
gelben Masten, noch feucht vom letzten Regenschauer,
in der Farbe unverändert widerspiegeln, nur nicht
ganz so hell wie oben. Ein Schiff hat einen weißen,
das andere einen roten Streifen; von ihnen nimmt
das Wasser keine Notiz. Wie seltsam! ein Boot fahrt
vorüber mit weißen und hellen Gestalten, das Wasser
spiegelt die dunkeln grün wider und lässt die weißen
ganz aus; dies kommt daher, dass die dunklen Figuren
dem hell widerspiegelnden Himmel opponieren.
Ein Boot, das sich nahe am Quai schaukelt, wirft
scheinbar einen Schatten auf das gerippte Wasser.
Diese Erscheinung kommt gewiss aus der zunehmenden
reflektiven Macht, die das Wasser im Schatten ge-
winnt. Denn die ferneren Seiten des Gekräusels
fangen das tiefe reine Blau des Himmels auf, wirken"
stark dunkel auf dem blassen Grün, und seine näheren
Seiten fangen das blasse Grau der Wolke auf, das
kaum dunkler ist, als das helle Grün.
Klares Wasser nimmt keinen Schatten auf; wohl aber