91
feierlich: immer lebendiges Licht, das in
verzücktester Stille noch atmet, das wohl
tiefster,
schläft,
aber nie erstirbt.
Es genügt, auf diesen markanten Unterschied zwischen
den Werken der-alten Meister und denen der großen
modernen Landschafter hinzuweisen. Sorgsame Be-
obachtung der Natur, besonders ihres Laubes und
ihrer Vordergründe, und der Vergleich zwischen ihr
und Claude,lGaspard Poussin und Salvator wird bald
dartun, dass diese Künstler, die nach völlig konven-
tionellen Prinzipien verführen, nicht malten, was sie
sahen, sondern was nach ihrer Meinung ein hübsches
Bild gab. Und selbst wenn sie zur Natur gingen,
was sie wohl seltener taten, als ihre Biographen uns
glauben machen, kopierten sie sie wie Kinder und
zeichneten das, wovon sie wussten, dass es vorhan-
den sei; aber nicht das, was sie sahen.
Ihr mögt Claudes Vordergründe absuchen von einem
Ende Europas bis zum andern, ihr werdet nicht finden,
dass ein Blatt seinen Schatten auf ein anderes wirft.
Blatt für Blatt tritt mehr oder minder kühn und
glänzend aus dem schwarzen Grunde hervor, und die
vollkommene Form dunkler Blätter hebt sich von
den hellen ab. Aber nicht die Form eines einzigen
Blattes ist unterbrochen oder versteckt. durch den
Schatten eines andern.
Poussin und Salvator entfernen sich noch mehr von
unmittelbarer Wahrheit. In ihren Bildern ist nichts,
das nicht in Ateliers angefertigt werden könnte nach