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sein und nichts wahr, das nur eine Aussage enthält.
Dennoch ordnet Turner wie alle großen Koloristen
die Wahrheit der Farbe, der Wahrheit von Licht und
Schatten dem unverbrüchlichen Gesetz des Chiar-
OSCIIFO
unter.
WAHRHEIT DES
CI-IIAROSCURO
Geh an einem hellen sonnigen Wintertag hinaus, und
ersieh dir einen Baum mit dickem Stamm und zarten
Zweigen, die auf
herniederhängen.
davon und kehre
der Sonnenseite dicht am Stamm
Entferne dich vier bis fünf Ellen
der Sonne den Rücken. Du wirst
die Zweige zwischen dir und dem Stamm nur un-
deutlich wahrnehmen, sie sogar an einigen Stellen mit
dem Stamme verwechseln und nicht einen vom An-
satz bis zum Ende genau verfolgen können. Dagegen
wirst du die dunkeln Schatten, die sie auf den Stamm
werfen, klar und deutlich erkennen und in ihrem
Verlauf verfolgen können, wo nicht andere Zweige
ihre Schatten durchkreuzen. Trittst du weiter zurück,
so gelangst du auf einen Punkt, wo du die dazwischen-
tretenden Zweige nicht mehr wahrnimmst, höchstens
Teile davon, ihre Schatten aber noch deutlich er-
kennst. Dies bekundet die ungeheure Bedeutung der
Schatten bei hellem Licht. Sie sind deutlicher sicht-
bar
wie
als die Dinge, die sie werfen; ebenso groß
diese und von tieferer Schwärze als die dunkelste
Stelle
des
schattenwerfenden
Objekts,
die
außerdem
durch
positives
und
reflektiertes
Licht
gebrochen