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des Ganzen Verbände. Ein grauer Unterton durch-
zieht seine ganze Farbengebung, und seine höchsten
Lichter, und die Lokaltöne reiner Farbe flammen mit
der ihm besondern Intensität und Leuchtkraft aus
dieser Tonart seiner Bilder auf. Mit dem Ver-
schmelzen der von ihm angewandten Farben eint
sich seine Fähigkeit, sie zu Melodien und Harmonien
zu verbinden. Ich betone dies hier nicht als etwas
an sich künstlerisches oder wünschenswertes, nicht
als ein Charakteristikum des großen Künstlers in ihm,
sondern als das Ziel des einfachen Nachfolgers der
Natur.
Es ist seltsam, wie wunderbar die Natur ihre all-
gemeinsten und einfachsten Töne variiert. Eine
Gebirgsmasse gegen das Licht gesehen, kann zuerst
einheitlich blau erscheinen. Im Vergleich zu anderen
Teilen der Landschaft ist sie auch im ganzen blau.
Aber sieh, woraus das Blau besteht. Es hat schwarze
Schatten unter den Klippen, grüne Schatten auf dem
Rasen, graue I-Ialblichter auf den Felsen, schwache
Streifen heimlicher Wärme und vorsichtigen Lichts
an den Ecken. Jeder Busch, jeder Stein, jeder Moos-
biischel findet Gehör in der Sache und vereinigt
seinen individuellen Charakter mit dem Allgemein-
willen.
Wer kann dies wiedergeben wie Turner? Die alten
Meister hätten die Sache sofort zu einem durch-
sichtigen, angenehmen aber monotonen Grau ver-
glichen. Viele Moderne hätten wahrscheinlich ebenso