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Chaldäa, Babylonien und Assyrien.
lastruinen so ganz verschwinden konnte, keine Spur vorhanden ist. Auch
die Vermuthung, dass der Strom den Kolossalbau hinweggeschwemmt,
ist dadurch unmöglich geworden, dass man 20 Minuten nördlich von
Hillah, somit an einer Stelle, in deren Nahe der Herodoteische Bels-
tempel gestanden haben müsste, Reste von einen kleinen Mylittatempel
fand, welche natürlich der Wegschwemmung viel weniger Widerstand
geleistet haben würden.
Wie aber Herodot überhaupt viel unzweifelhaft Richtiges neben
dem Fabelhaften auch über Babylon berichtet, so scheint auch von
seiner Beschreibung des Belustempelsnur die Lage zu beanstanden
zu sein, indem der übrige Bericht genau mit einer Ruine überein-
stimmt, welche sich fast drei Stunden von jener Stelle westwärts be-
findet und unter dem Namen Birs-Nimrud bekannt ist. (Vgl. Fig. 37.)
Der Tempel kann demnach nur im weiteren Sinne zu Babylon gehört
haben, die vorgefundenen Inschriften sprechen auch geradezu von Bor-
sippa, das in griechischen Quellen als eine besondere Stadt erscheint,
der ganzen Lage nach aber sich vorstadtähnlich an das gewaltige Ba-
bylon angeschlossen haben muss.. Der grossartige in der Wüste voll-
kommen isolirte Schuttberg entspricht zunächst durch seinen unteren
Umfang von 685 M. so ziemlich den vier Stadien, welche Herodot als
das Maass der ersten Stufe der Terrassenpyramide angibt. Diese
selbst erhob sich auf einer breiten quadratischen Substruction von je
zwei Stadien (180 im Gevierte, und mass 22, 5 M. in der Höhe, worauf
erst stetig abnehmend und je 7,5 M. hoch die sieben Terrassen oder hero-
doteischen nThürmea folgten, im Ganzen sonach eine Pyramidalhöhe von
75 M. erreichend. Die Durchschnittspunkte der Diagonalen der einzelnen
Terrassen trafen jedoch nicht auf einander, indem die Stufen an der
Fronte o, an der Rückseite dagegen nur 3,9 M. in der Breite massen,
während an den beiden übrigen Seiten die Maasse gleich 6,3 M. waren.
Diesem Befund aus der Ruine entspricht auch die von Herodot erwähnte
Anlage gebrochener Treppenaufgänge, welche naturgemäss an der
Front zu denken sind, wo die Terrassen deshalb Breiter gelassen wor-
den waren, wie ich diess unter Zugrundelegung der OppertÄschen Maasse
zu reconstruiren versucht habe (Fig. 38). Auf der Höhe der Terras-
senpyramide aber stand der Tempel, welcher nach Herodot ein grosses
Ruhebett und einen goldenen Tisch, und kein Standbild enthielt, aber
auf keinen Fall, wie wohl Herodot berichtet, gross gewesen sein kann.
Wie der altchialdäische Terrassentempel von Ur, so ist auch dieser
in seinen Ecken nach den vier Himmelsrichtungen situirt. In den Kan-
ten aber fanden sich auch hier wie in Ur Inschriftcylinder eingemauert,