Chaldäa,
Babylonien
und
Assyrien.
Die {Tradition des Euphrat- und Tigrislandes ist nicht jünger wie
die des Nilthals. Denn wenn auch erst die dritte Dynastie (nach Berosus)
VQm 23. Jahrhundert v. Chr. an beginnend monumental beglaubigt
erscheint, die Notizen über die erste aber augenfallig mythisch sind, so
wird damit noch nicht in Abrede gestellt, dass daselbst sich schon weit
früher ein bedeutendes Volk gebildet und von den staatlich unent-
wickelten Horden, welche die Wüsteneien zu beiden Seiten wie noch
heutzutage durchschwärmten, vortheilhaft unterschieden habe. Lag
doch die Reminiscenz an ein uraltes Culturvolk im Gebiet der beiden
Ströme im Bewusstsein mehrer Völker des Alterthums, wie der Juden,
Welche dahin sogar ihre Urheimath verlegen und den Erzpatriarchen Ab-
raham aus Chaldäa in Kanaan einwandern lassen, und der Griechen,
deren Deukaleonsage in gleicher Weise wie die Sintiiuth der Juden auf
die Fluthgeschichte Mesopotamiens zurückgeht, und deren älteste Kunde
in Astronomie, Astrologie und Zeitrechnung auf dieselbe Quelle hin-
Weist. Auch ist die Tradition gewiss nicht ohne Bedeutung, nach wel-
cher die Völker in Babel sich theilten und von da aus sich über die Erde
Cfgossen; jedenfalls muss derselben das Vorhandensein eines uralten
Culturmittelpunktes am Euphrat zu Grunde liegen.
Das Land bot jedoch zu einer monumentalen Thätigkeit, welche,
wie die der Aegypter, Jahrtausende fast unberührt überdauern konnte,
kein Mittel dar. Das enge Nilthal wird von den Felswänden des hohen
Wüstenrandes eingeschlossen, welche durch die Vortrefflichkeit ihres