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Aegypten.
sich aus gleichen Gründen in jeder älteren Kunst, in der assyrischen so
gut, wie in der ältestgriechischen findet: man nahm nemlich den Kopf
mit Ausnahme des von vorne erscheinenden Auges im Profil, Schultern
und Brust von vorne, Arme und Hände dagegen wieder im Profil, und
ebenso Hüften, Beine und Füsse. je flacher aber das Relief, desto we-
niger konnte für Modellirung des Inneren geschehen, was dazu zwang,
den Contour scharf zu markiren. Dadurch steigerte sich auch die der
ägyptischen Race eigentliche Magerkeit zur Eckigkeit und Härte.
Wenn aber überhaupt die Reliefbildnerei als eine Mittelstufe zwi-
schen Plastik und Malerei bezeichnet werden kann, indem diese Plastik
auch in der Fläche arbeitet, hauptsächlich durch den Umriss wirkt und
sogar farbige Nachhilfe liebt, so liegt die weitaus gebräuchlichste ägyp-
tische Reliefart, die wir die koilanaglyphe (die aus einer Vertiefung sich
liebende) zu nennen pflegen, sogar weit mehr im Gebiete der Malerei
als in dem der Plastik. Denn hier treten die Figuren nicht mehr über
den Grund heraus, der sonst bei den Reliefs unter Aussparung der Fi-
guren vertieft gemeisselt wird, hier aber unberührt bleibt, wodurch das
Plastische sich lediglich auf den Einschnitt des Umrisses wie auf Ab-
rundungen der Körperränder beschränkt. Der so behandelte Umriss
unterschied sich daher in seiner Wirkung auch nur bei schrägem Licht
von einer lediglich gemalten dunklen Contourirung, vor welcher er aber
den Vortheil voraus hatte, den F igurenrändern wesentlichen Schutz zu
gewähren und dadurch die Klarheit der Darstellung weit länger zu be-
wahren. In jeder anderen Hinsicht sind die Koilanaglyphen nichts ande-
res als Gemälde, indem der Raum innerhalb der eingeschnittenen Um-
risse ebenso mit entsprechenden Farben bedeckt ist wie an den reinen
Gemälden Aegyptens innerhalb der gemalten Contouren.
Man kann also die Koilanaglyphen der Erscheinung nach in das
Gebiet der Malerei rechnen, das in diesem Falle ungemein ausgedehnt
ist. Denn alle Tempelwände waren mit solchen bemalten Koilana-
glyphen bedeckt, alle Stucküberzüge von Felswänden in Grottengräbern
wie von Ziegelmauern, alle Geräthe mit Malereien. Der Reichthum des
noch erhaltenen gemalten Bildwerks ist daher auch trotz des ungeheuren
Alters und der Vergänglichkeit aller Licht und Luft ausgesetzten Farbe
ungemein gross, weniger-obwohl auch nicht unbedeutend die Menge
der Darstellungen. Am zahlreichsten vertreten sind Cultbilder, deren
Monotonie mit dem strengen Ceremoniell der ägyptischen Religion zu-
sammenhängt, welche jedoch über Bestattungsceremonien, Mumien-
überfährt, Processionen besonders mit dem Tragschiff, Tanz und Opfer-
gegenstände viele Belehrung darbieten. Mannigfaltiger sind profane