Plastik.
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Corneol und Lapislazuli in Anwendung kamen. Emaillirte Thonidole
Wurden in ungeheuren Massen fabrikmässig hergestellt, so dass jetzt
grössere Museen ganz gleiche Figürchen der Art zu Hunderten ent-
halten, ebenso zahlreich sind die sogenannten Scarabäen, d. h. Käfer-
gemmen in Thon wie in den genannten edleren Steinen mit vertieft ge-
schnittenen Hieroglyphen oder Figürchen in der Unterfläche, welche
man durchlöchert und gereiht als Schmuckschnüre gebrauchte und als
solche oder auch lose den Mumien reichlich in den Sarg gab. Auch
in buntem Glas war die Kleinkunst sehr ausgedehnt, weniger in Metall,
Obwohl auch Schmucksachen in Gold, Silber und Kupfer mit Email
vorkommen, welche grossen Kunstwerth besitzen. Die Holzschnitzerei
endlich hatte in der Herstellung der Mumiensärge eine ausgedehnte
Uebung, obwohl der Holzmangel im Nilthal selten genügendes Material
dargeboten zu haben scheint, man wusste sich indess durch Zusammen-
leimen mehrer Schichten meist von Palmen- oder Sykomorenholz zu
behelfen und die Mangelhaftigkeit dieses Verfahrens durch starke be-
malte Stucküberzüge zu verdecken. Die Mumiensärge aber gehören
deswegen in das Gebiet der Plastik, weil sie namentlich im Deckel die
Gestalt des umwickelten Leichnams selbst nachahmen, und sogar das
Gesicht unverhüllt wiederzugeben pflegen.
Weniger Correctheit und noch starrere Entwicklungslosigkeit wie
die Rundplastik zeigt die Reliefsculptur. Da diese ein sehr mässiges
Flachrelief nie überschreitet und so den grösseren Hebungen Rechnung
zu tragen nicht im Stande ist, so kam das Bestreben des Künstlers, im
Einzelnen verständlich und möglichst vollständig darzustellen, in einen
bedenklichen Conflict zwischen Profil- und F ronteansicht. Denn wäh-
rend sich sonst der Körper zumeist in der ersteren Ansicht zeichnet,
und namentlich an Kopf und Beinen der Profilumriss die charakteristi-
schen Linien darbietet, weshalb auch die Profilstellung die für Reliefbild-
nerei im Allgemeinen angemessene ist, entwickeln Schultern und Brust
Sich nach entgegengesetzter Richtung und fügen sich nur von vorne ge-
sehen in die flache Darstellung des Reliefs. Dadurch allein werden auch
die beiden Arme ganz sichtbar, worauf der Künstler doppelt sehen
musste, weil es ihm beim Relief wie beim Gemälde hauptsächlich um
die Darstellung irgend einer Handlung zu thun war. Auch konnte es
sich der Beobachtung nicht entziehen, dass in der vollen Profilstellung
die eine sichtbare Schulter namhaft über alle anderen Körpertheile vor-
trat, indem das Maass von einer Schulter zur andern die Profiltiefe der
übrigen Körpertheile bis um das Doppelte übertrifft. Man entschloss
sich daher zu der gewaltsamen und ungeschickten Verdrehung, welche