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Aegypten.
letzteren waren riesig, die Hauptsäulen massen 75' in der Höhe und ihre
Capitälkelche 20' im Durchmesser, ihre Architravbalken 22:6:4'; der
ganze Saal 3o0' in der Länge. Wände und Säulen waren mit koilana-
glyphen Malereien dicht bedeckt, welche indess den gewaltigen Formen
untergeordnet genug und durch Licht und Schatten so gebrochen waren,
dass ihre Wirkung nicht zu bunt sein konnte. Ein Beispiel, der Tempel
zu Soleb, zeigt auch diese zweite Tempelabtheilung gedoppelt; dass diess
jedoch seltener angeordnet ward als die Verdoppelung des Hofes, liegt
wohl zunächst in der weit grösseren Schwierigkeit der Herstellung.
Vom Hypostyl aus führte entweder ein einfacher Thorweg oder ein
dritter und wie beim Tempel von Karnak vierter Pylonbau zur letzten
dir drei Abtheilungen. In vielverschachtelten Kammern, von welchen
die innerste, die eigentliche Tempelcella, im Vergleich zu dem Ganzen
verschwindend klein, manchmal sogar aus einem einzigen Steinblocke
gehauen war, vollzogen die Priester ihren geheimen Dienst, hausten die
heiligen Thiere. Der ständige Aufenthalt der Priester in den Haupt-
tempeln erforderte eine klosterartige Anlage des Innersten. ja es scheint
sogar, dass selbst die Königspaläste den Tempeln eingefügt wurden,
was auch bei der hierarchischen Grundlage des Staates, nach welcher
der König zugleich Oberpriester und sein Leben durch religiöses Cere-
moniell bis ins Kleinste geregelt war, nichts Befremdendes hat. Der
Plan des grossen Tempels von Karnak lässt auch die muthmassliche
Königswohnung in der Cellenumfriedung, durch einen Hof von der Cult-
Stätte gesondert, mit ihren Sälen und kleineren Gemächern deutlich er-
kennen.
So reich sich auch die ägyptische Architektur an den Tempeln von
der 18. Dynastie an entfaltet hatte, so war von derselben doch nur das
Innere berührt worden. Während sonst die Tempelanlagen fast aller
Culturvölker auch auf eine bedeutende Aussenwirkung Bedacht nehmen,
blieb man am Nil bei den langgestreckten festungsartigen Mauerumfrie-
dungen stehen, wie sie die Tempelbezirke wohl schon in den frühesten
Zeiten des alten Reiches umschlossen. Dieser Bann musste endlich
gebrochen werden, als die halbgriechischen Ptolemäer den Thron der
Pharaonen bestiegen, und drei Jahrhunderte hindurch behaupteten. Sie
waren zwar klug genug, auch durch Kambyses abschreckendes Beispiel
gewitzigt, die ägyptischen Unterthanen nicht an ihrer empfindlichsten
Stelle, ihrer durch mehr als tausendjährige Tradition geheiligten Religion
zu verletzen, anderseits aber konnten sie es sich doch nicht versagen,
wenigstens die Idee der hellenischen Tempelanlage mit ihrer nach aus-
sen entwickelten Säulenpracht in das Nilthal zu verpflanzen. So sehr