Architektur.
Entstehung der
Säulen.
Lotossäulen.
verbundenen Stengel der Pfeilerform entsprechend zu strecken und senk-
recht aneinanderzuschliessen, kurz, statt des Kranzes, wie er der hori-
zontalen Linie entspricht, das dem verticalen Princip näher stehende
Bouquet nachzubilden. Einen solchen langstieligen Lotosknospenstrauss
findet man auch beispielsweise schon an den Pfeilern der Gräber bei
Sauiet-el-Meitin (Fig. g) , die jedenfalls dem alten memphitischen Reiche,
wahrscheinlich der 6. Dynastie angehören, und darf ihn ebenso als
übliche Pfeilerbemalung betrachten, wie den Lotosblumenkranz als
üblichen Fries. Nun lehrt aber die Geschichte des Ornaments, dass der
Meissel erst den Fussstapfen der Farbe folgte und nicht umgekehrt. Die
vier Seiten des Pfeilers zeigten dieselbe farbige Auszierung; sobald man
daher diese ins Plastische übertragen wollte, konnte nichts näher liegen
als sie statt vierfacher Reliefbildung ins Runde
zu übertragen, auf welche Art sie ebenfalls von i
allen Seiten sich darstellte und den Pfeiler in
eine Säule von der Gestalt eines Lotosbouquets
verwandelte. Dieser Entschluss musste früh-
zeitig gefasst worden sein, wenigstens finden I
wir schon in denselben Gräbern, aus der i
zwölften Dynastie, welche auch die sog. proto- I?
dorische Säule in ihren verschiedenen Phasen
darbieten, nemlich in den Felsgrotten von Beni-
hassan die Prlanzensäule in einer sehr primi-
tiven Gestalt (Fig. 10). Form und Farbe wirken
zusammen, um über den zu Grunde liegenden
Gedanken an einen Lotosknospenstrauss keinen i "J?
Zweifel aufkommen zu lassen. Vier rundlich
Fig. m. Lotossaule von Bemhassan.
profihrte Stengel legen sich von einer Basen-
platte, wie an der polygonen Säule sich erhebend unter entsprechender
Verjüngung aneinander und werden oben unter den Blüthen durch
ein fünffach herumgeschlungenes verschiedenfarbiges Band zusammen-
geschnürt. Ueber diesem quellen die vier Lotosknospen aus den Stengeln
hervor, zwischen der grünen Blattumhüllung in schmalen Schlitzen das
Weiss der eben auf brechenden Knospen zeigend. Während aber in dem
gemalten Blumenstrausse (Fig. 8) die Knospen sich ausbreiten, müssen
sie hier in der plastischen Uebertragung sich mehr in ein das Capitäl
bildendes Ganzes zusammenschliessen. Auch die kleinen Blümchen
mit kürzeren Stielen, wie sie das Pfeilergemälde von Sauiet-el-Meitin
zeigt, sind in der Lotossäule nicht vernachlässigt, doch ist die Blüthe
selbst in Rücksicht auf die technische Schwierigkeit etwas verkümmert.