Aegyptelm.
Übgleich aber im alten Reiche diese Pfeilersäulen-Ordnilng, der
Aehnlichkeit des Schaftes wegen gewöhnlich die protodorische genannt,
die vorherrschende gewesen sein mag, so hatte sich doch auch schon
spätestens in der Periode der zwölften Dynastie eine zweite Säulen-
ordnung gebildet, welche sich indess auf ganz anderem Wege ent-
wickelte wie jene. Lag nemlich jener ein rein mathematischer Gedanke
zu Grunde, die Idee der Verdoppelung der Seiten und Kanten durch
Abschrägung der Kanten des Pfeilers mit quadratischer Grundfläche,
so fand diese ihr Vorbild zwar auch an dem-
selben Pfeiler, allein nicht an dessen architek-
tonischer Gestaltung, sondern in seiner Be-
v malung. Wie wenigstens theilweise die Wände
der Grabgrotten, so schmückte man auch den
l ! i j, rechteckigen Pfeiler mit ornamentaler Malerei,
L väl V, die sich ja sogar an der sechzehnkantigen
lll W i canellirten Pfeilersäule an einem deshalb un-
, {l canellirt bleibenden Flächenstreifen gerettet
Ivi hat. Der schönste Schmuck unserer Erde sind
I die Blumen, und wenn die Menschheit diesen
g: auch auf sich und ihre Gebilde übertrug und
[1 dann die rasch welkende Zierde durch Nach-
l bildung dauernder zu machen suchte, so folgte
,l j sie lediglich dem Impulse der umgebenden
ß Natur. Fast alle Ornamentstreifen des Alter-
i] im, thums lassen sich daher als Blatt-und Blumen-
l kranze deuten, wenn sie auch in Folge der
unbeholfenen ersten Darstellung und dann der
l, i, typischenAusbildung und endlichen Erstarrung
l J jetzt nicht mehr auf den ersten Blick als solche
erscheinen. In Aegypten nun traten natur-
Fiä;äbefgeifljdgggfjfäjvgääf" gemäss ornamentale Nachbildungen der Lotos-
blumen des Nilthals auf, und zwar in langen
friesaitigen Streifen so neben einander wiederholt, dass ein Stengel an
den anderen in deutlich markirter Verschnürung gebunden erscheint,
eine Anordnung, wie sie sich auch in Assyrien und noch mehr stylisirt
im Palmetten- oder Anthemienschema in Griechenland findet. Ueber-
trug man nun diesen ornamentalen Gedanken, so wie er sich im hori-
zontalen Friese entwickelt hatte, auf den verticalen Streifen einer Pfeiler-
seite, so musste man sich bestreben, die neben einander gereihten
Blumen mehr zusammenzudrängen und die dort bogenartig mit einander