Plastik.
Verfal
seit den
Antoninen.
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romischen Reiches zur Folge hatte. Mit den Antoninen erlischt auch.
der ideale Zug in der Porträtbildncrei gänzlich und prosaischer Realis-
mus, wie ihn die altitalische Kunst gezeigt, tritt abermals seine aus-
Schliessende Herrschaft an. Aengstliches Ringen nach äusserer Aehn-
lichkeit namentlich in kleinlichem unkünstlerischen Detail, wie in Falten
und Abnormitäten, sogar im Haar, wovon die lockigen Antonine und na-
mentlich der krausköpfige L. Verus mit dem bimssteinartig porös ge-
bildeten Löckchenhaar merkwürdige Beispiele darbieten, tritt an die
Stelle des verschwindenden geistigen und lebendigen Ausdrucks, Wel-
cher jedenfalls auch dadurch nicht gerettet ward, dass man den Augen-
stern eintiefte, wodurch der Blick vielmehr erstarrt. Es vergeht aber kein
Jahrhundert seit den Antoninen, so verliert die Kunst überhaupt die
Fähigkeit, Porträts zu charakterisiren und wir sind nicht mehr im Stande,
zahlreiche Büsten der späteren Kaiserzeit, wohl zumeist Porträts von
Kaisern, Kaiserinnen und Prinzen, zu benennen, da hierin auch die rö-
mischen Münzen, deren Porträtköpfe ebenfalls zu allgemeinen Typen
erstarren und erharten, nicht mehr unterstützend zu Hülfe kommen.
Aenderte man vorher beim Thronwechsel oft nur die Köpfe der achil-
leischen wie der ikonischen Kaiserstatueil, so mochte es jetzt zuweilen
genügen, blos die Inschriften zu ändern und höchstens Nebendinge um-
zugestalten. Uebrigens war es auch unschwer nur einen Theil des Kop-
fes, nemlich das Gesicht zu wechseln, seit es beliebt geworden war, die
Büsten aus verschiedenen Marmorarten bunt zusammen zu setzen, so
dass deren Farbe realistisch zu Hülfe kam, wobei dann blos die Maske
in weissem Marmor, das Haar in dunklem, Unter- und Obergewand in
rothem, grünem und grauem Stein (Marmor oder Granit) und selbst
Stirnband und Mantelagraffe in besonderer Farbe hergestellt war. Bei
Damenporträts hatte diese widerwärtige Polychromie überdiess den
Vortheil, dass man nicht blos beim Regierungswechsel die Maske, son-
dern noch häufiger auch die Perücke ändern konnte, je nachdem eben
die Mode des Tages blonde, rothe oder dunkle Haarfarbe, und diese
oder jene Frisur verschrieb.
Auch die Reliefplastik erleidet seit den Antoninen denselben Verfall.
Schon die Sculpturen der Marc-Aurelsäule zeigen mit jenen der Traian-
säule verglichen, trotz unverkennbaren Anlehnens an das Vorbild, schon
den Mangel an Energie, F ormgefühl, Mannigfaltigkeit und technischer
Tüchtigkeit", welcher das Erlöschen der treibenden Kraft und das rein
schematische Reproducircn kennzeichnet. Dieselbe geistige und physische
Trockenheit und Inhaltslosigkeit verrathen auch die jetzt im Conserva-
torenpalast auf dem Capitol befindlichen Reliefs des abgetragenen Marc-