P] astik.
Reliefbildnerei
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Werk in seiner Anlage gleichsam durch zwei Flächen, die einheitliche
Grundfläche und die ursprüngliche während derArbeit verschwindende
Oberfläche der Steinplatte, bis zu welcher alle höchsten Erhebungs-
punkte reichen, bedingt wird. Allen diesen im Wesen des Reliefs und
in seiner Technik beruhenden Stylgesetzen entzieht sich die römische
Plastik: die Profilstellung ist nicht mehr die überwiegend herrschende
und die Gestalten erscheinen daher an verstümmelten Werken, an wel-
chen die Detailbehandlung verloren gegangen ist, nicht selten als form-
lose Massen, wie diess der hellenische Reliefcontoilr unmöglich macht.
Der Umriss verliert seine Bedeutung und die Figuren sind so ohne
Rücksicht auf die Fläche, in welcher sie wirken sollen, angeordnet, dass
sie vielmehr geradezu als halbirte Statuen erscheinen. Dabei ist die Er-
hebung eine verschiedene; manche Theile, namentlich Köpfe und Arme
lösen sich sogar völlig statuarisch vom Grunde los, und um so mehr,
wenn bei Anordnung mehrer Figuren hintereinander ausser dem nicht
selten auftretenden landschaftlichen oder architektonischen Hintergrund
die Unterscheidung des Vor- und Zurückstehenden durch Hoch- und
Flachrelief, somit eine malerisch perspectivische Wirkung angestrebt
wird (Fig. 244). Dadurch muss aber eine emphndliche Linien-Häufung,
Gedrängtheit und Unklarheit entstehen, da der Plastik nicht der Luftton
zu Gebote steht wie der Malerei, welcher das entfernter Befindliche von
dem Nächsten ablöst und den Abstand messbar macht. Noch bedenk-
licher aber wird die Häufung, wenn statt oder neben dem perspectivi-
sehen I-Iintereinander ein Uebereinander der Gruppe auftritt, welches
den Vorgang gleichsam in die Vogelschau stellt.
Realistische Tendenz und malerische, nicht reliefartige Composition
sind demnach das Charakteristische der römischen Reliefbildnerei. Da-
bei blieb aber die Formengebung griechisch, wenigstens so weit die dar-
gestellten Gegenstände griechische Vorbilder zuliessen. Diess war nicht
der Fall, wenn z. B. ein Fluss in seiner wirklichen Erscheinung verge-
genwärtigt werden sollte (Traiansäule, , für welchen der Grieche stets den
Flussgott als Symbol setzte, oder wenn Städtebelagerungen, Castelle,
Brücken u. s. w. abzuschildern waren. Da näherte sich der römische
Bildhauer mehr der Auffassung orientalischer Völker und wir könnten
Derartiges unbewusste Uebersetzungen aus dem Assyrischen oder
Aegyptisehen in römische Sprache mit griechischer Schrift nennen. Da
es sich eben dabei mehr um den Gegenstand als um die Composition,
mehr um das Thatsächliche als um das Künstlerische handelte, so ge-
nügte eine gewisse allgemeine und formale Correctheit und so zu sagen
leicht lesbare künstlerische Handschrift.