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tektur.
Gebäude für Spiele.
Circus, 'l'heater
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Gesetz, welches innerhalb der Bannmeile kein Theater mit Sitzplätzen
und namentlich kein ständiges zu erbauen erlaubte, hemmte jede mo-
numentale Entwicklung. Dramatische Vorstellungen zujar waren, Seit
man das griechische Theater kannte, nicht zurückzuhalten und wenig-
stens die Komödie beliebt und auch von römischen Dichtern mit Erfolg
gepflegt. Wie sie aber nur auf Festzeiten beschrat und Privatunter-
nehmungen waren, so fiel auch die Herstellung der nur für wenige Tage
improvisirten Theaterräume denjenigen zu, Welche durch Veranstaltung
der Spiele das Publicum für ihre ehrgeizigen Pläne zu gewinnen suchten.
S0 wurden denn in letzter Zeit Bühnen aufgeschlagen, Welche der de-
corativen Pracht der alexandrinischen Periode gleichkamen, wie die
Bühnen des hölzernen Theaters, das der Aedil M. Scaurus für einige
Tage herstellen liess, mit 360 Marmorsäulen und 3000 Bronzestatuen
geschmückt war, während das riesige Zuschauergerüst nicht weniger
als 80,000 Plätze enthielt. Solch unwirthschaftlicher Maasslosigkeit
machte durch das erste steinerne Theater Pompeius ein Ende, Welcher
trotz seiner damaligen Allgewalt auch nur dadurch der Einsprache der
strengen Partei entgehen konnte, dass er die steinernen Sitzstufen
gleichsam zur Treppe eines Tempels gestaltete, den er auf der Höhe
der Cavea errichtete. Diesem ersten ständigen Bau folgten unter Au-
gustus noch zwei andere, der des Marcellus und des Balbus, von wel-
chen aber der erstere nur mehr die Hälfte der Sitzplätze des P0mpeius-
theaters, nemlich 20,000, das Balbustheater sogar nur 1 1,600 enthielt.
In späterer Kaiserzeit waren selbst diese zu viel, indem das Theater alle
Zugkraft verlor, als das Volk einmal im Amphitheater Blut gekostet
hatte. Doch war im ganzen römischen Reiche kaum eine halbwegs be-
deutende Stadt zu finden, in welcher sich um die augusteische Zeit
nicht ein monumentales Theater erhoben hätte, und selbst kleine
Städte, wie Tusculum, das noch eines der besterhaltenen birgt, blieben
nicht leicht zurück.
Die charakteristischen Unterschiede des römischen Theaters und
seines Vorbildes, des griechischen, bestanden hauptsächlich in Folgen-
dem: Die Orchestra war, wie das umstehend (Fig. 228) gegebene vitruvi-
sehe Schema lehrt, nur mehr ein Halbkreis, indem die Scenenwand (P Q)
nicht mehr wie eine Tangente, sondern wie eine Kreisbogensehne zu
dem vollen Kreise sich verhielt und das Proscenium sich bis zurrMitte
des letzteren (C D) erstreckte, wodurch die Bühne dem Zuschauerraum
in zweckmässiger Weise näher gerückt ward. Auch verlor der übrig-
bleibende Theil des Kreises, die Orchestra, die vorige Bestimmung für
den Chor, und war vielmehr zum Senatorenparket oder überhaupt zum
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