Architektur
Die ionische und kori
nthische Säulem
zrdnun g.
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welche man auch das Wesen des ionischen Capitäls wieder zerstört
hatte und gewissermassen zur asiatischen Behandlung der Volute als
reines Ornament zurückgegangen war, hatte das korinthische Ca-
pitäl sich eingebürgert und den bei weitem grössten Anklang gefunden.
Es ist schon in dem Abschnitte über hellenische Architektur dargethan
worden, dass diese jüngste Schöpfung hellenischer Baukunst im Mut-
terlande zu keiner typischen Gestaltung und coordinirten Geltung neben
dem Dorischen und Ionischen gelangte, indem sie nur als eine Spielform
neben dem ionischen Capitäl auftrat, ohne im Uebrigen von einer be-
sonderen Behandlung der Säule und des Gebälkcs begleitet zu sein;
ferner dass wahrscheinlich die korinthischen Säulen des unvollendeten
Jupitertempels von Athen, die Sulla um 84 v. Chr. zum Wiederaufbau
des capitolinischen Jupitertempels nach Rom schleppte, wenn nicht die
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Korinthisches Cnpitäl vom Panthcon
Fig- 223
Compositcampitä
erstendaselbst, doch wahrscheinlich diejenigen waren, welche dem an
den römischen Werken erscheinenden Typus als Muster zu Grunde la-
gen. Wenn aber auch zugegeben werden kann, dass dem Römer das
korinthische Capitäl wegen seiner dem ionischen Capitäl (ohne die oben
geschilderte gewaltsame Verzerrung) fehlenden allseitigen Verwendbar-
keit Wie durch seinen auch bei minder fein durchgebildetem Detail ef-
fectvollen Reichthum am meisten entsprach, so darf doch auch nicht
übersehen werden, dass die korinthische Säulenkrone das Wesen und
die Aufgabe eines Capitäls überhaupt, den Contrast zwischen den senk-
rechten Linien der Stütze und den horizontalen des Gebälks, von_den
einen zu den anderen überleitend zu versöhnen und zugleich von der
Kreisform des Schaftes zu dem Rechteck des Gebälkes als Vermittlungs-
glied den Uebergang zu bilden, vollkommen und jedenfalls vollkomme-
ner wie das ionische Capitäl erfüllte (Fig. 222). Während wir desshalb