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Etrurien.
vielleicht gar nicht als etrurisch erkannt worden sein, wenn nicht die
etrurische Inschrift an seinem rechten Beine und die Bulla an. einem
Halsbande darauf hingewiesen hätte, und ebenso könnte die lebens-
grosse Rednerstatue in Florenz für römisch gelten, wenn nicht in
dem Kopf und in der lahmen Beinstellung etwas besonders Nüch-
ternes und Alltägliches läge, über welches die immer einigermassen
heroisch aufgefassten römischen Statuen doch hinausgehen. Es blei-
ben indess die Unterschiede um so geringere, als die Incunabel-
kunst der Römer dieselbe und der griechische Einfluss in Rom, wenn
auch früher auftretend und lebhafter, doch im Ganzen der nemliche
war, wie wir ihn während der Periode der hellenistischen Plastik in
Etrurien finden.
Die Malerei Etruriens folgte natürlich demselben Entwicklungs-
processe. In frühester Zeit im Verhältniss zu plastischen Decorations-
arbeiten in Metallblech, wie es scheint, ziemlich spärlich, bildete sie
eben nach phönikischen und ägyptischen Vorbildern, wie aus einigem
Wenigen, was sich in der sog. Grotta dell' Iside in Vulci an Geschirren,
die man zum Theil ornamental bemalt, theils in Email farbig behandelt
fand, zu schliessen ist. Mit dem Uebergang dieser ornamentalen und
unselbständigen Periode, welche mindestens bis zum Anfang des sechsten
Jahrhunderts herabreicht, in die monumentale und selbständig rea-
listische, erlischt zwar diese orientalische Decorativrichtung keines-
wegs, worauf die Gemälde des Campanagrabes in Veji mit ihren ge-
reckten und gestreckten Thiergestalten hinweisen, aber wie sich selbst
in diesen unter den aufdringlich archaisirenden Ornamenten an den
menschlichen Figuren zeigt, bricht sich schon die realistische heimische
Tendenz Bahn, welche in den nach Brunn gegen Helbig (Ann. XXXVIII.
S. 423) ungefähr gleichzeitigen zwei Gräbern von Corneto (Tarquiniih
tomba del Morto und tomba delle lscrizioni genannt, zur vollen Herr-
schaft gelangt ist. Vielleicht noch älter als diese aber erscheint ein Ge-
mälde auf Terracottaplatten aus Caere (Mon. d. I. VI. tav. 30, beiste-
hende Fig. 214). Finden wir dort, wenn auch in mehr archaistischer
(bewusst alterthümlicher) als archaischer Behandlung noch-den mon-
strosen asiatischen Decorationsstyl wie wir ihn auf älteren Vasenbildern
kennen, so erscheint hier schon, wie auch wohl am frühesten in der cä-
retanischen Plastik, die Nachbildung nach dem Leben, der Realismus
als oberster Grundsatz. Die Spuren hellenischen Einflusses sind noch
gering, wenn auch mehr als z. B. an der Thongruppe von Cäre im
Louvre, was sich aus dem Import altgriechischer Vasen erklärt. Schon
gegenständlich ist wenig Zusammenhang. Anstatt der mythologischen