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phranor in seinen Gemälden die Heroen zu typischer Vollendung ge-
bracht, anderseits aber seinen Poseidon schon zu solcher Gewalt ge-
steigert habe, dass keine Mittel mehr blieben, ihn im Zeus noch zu
überbieten. Das Wort des Euphranor spricht aber nicht blos den
Unterschied und seinen Vorzug vor Parrhasios aus, sondern weist
auch auf eine gewisse stoffliche und Richtungs-Verwandtschaft hin,
Wie denn in der That nicht blos der Thescus, sondern auch der er-
heuchelte Wahnsinn des Odysseus von beiden Meistern dargestellt
worden war.
Der Isthmier Euphranor hatte den Schauplatz seiner Thätigkeit und
damit den Mittelpunkt der ganzen Schule wenigstens vorübergehend
nach Athen verlegt, und unter seinen Schülern und weiteren Nachfol-
gern blieb der Schwerpunkt derselben in dieser Stadt. Von den letz-
teren ist besonders Nikias (um 340-300 v. Chr.) hervorragend, wel-
cher vorwiegend, vielleicht nicht ohne Beeinflussung von Seiten seines
älteren Zeitgenossen Praxiteles, mit dem er auch sonst in Verbindung
genannt wird, der Frauenschönheit seine Aufmerksamkeit widmete, sich
in grossen durch neue Auffassung überraschenden Compositionen gefiel
und dem auch von Parrhasios angestrebten Umstande grosse Sorgfalt
widmete, dass die Figuren rund herausträten. Fehlt aber in der theba-
nisch-attischen Schule überhaupt der enge Zusammenhang, wie er uns
in der sikyonischen entgegentritt, so scheint dieser mit Euphranor sich
vollkommen zu lösen und einer universelleren Richtung Platz zu machen.
Euphranor und Nikias treten bereits als Künstler auf, welche weniger
durch ihre Schule bestimmt werden als durch ihre persönliche Ueber-
Zeugung und schon anfangen die allseitigen technischen und künstleri-
schen Errungenschaften zusammenzufassen und selbständig weiterzu-
führen. Wir dürfen sie also zu ihren Lehrern in demselben lockeren
Verhältnisse denken, in welchem zu dem sikyonischen Meister Pamphi-
108 derjenige ihnen gleichzeitige Künstler erscheint, welcher bestimmt
war, die Palme über alle seine Vorgänger und Nachfolger zu erringen,
nemlich Apelles. _
Wenn sich drei Städte um den Ruhm stritten, den grossen Meister
den Ihrigen zu nennen, nemlich Kolophon, Ephesos und Kos, so ist
doch ziemlich sicher, dass die erstere Stadt der Ort seiner Geburt, und
die zweite die Stelle sei, an der er seine Thätigkeit begonnen, während
die dritte als der Ort seines Todes nicht unwahrscheinlich ist. Der
Ephesier Ephoros wird als sein erster Lehrer genannt; doch datirt sein
Ruhm wohl erst von der Zeit, in welcher er aus der Schule des Pam-
philos trat, in welche er sich nach Sikyon begeben hatte. Vielleicht