Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

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Hellas. 
derung derselben auch ohne Kunsturtheile von solchen, welche sie mit 
Augen gesehen, ausreichen, ein Bild von dessen Hauptrichtung zu ge- 
ben, so ist diess bei diesem der Fall. Eines seiner bedeutendsten Werke 
gab eine Scene aus der Eroberung einer Stadt: eine vcrblutend am 
Boden liegende Mutter sieht ihr Kind an ihre Brust kriechen und ver- 
räth deutlich die Furcht, das Kind werde, wenn die Milch versiegte, das 
Blut saugen; ein anderes stellte weine wegen der Liebe zu ihrem Bru- 
der sich den Tod gebenden dar; ein drittes einen Kranken, nach Plinius 
unendlich hochgeschätzt. Wie an diesen und an dem vielleicht eben- 
falls dcm Aristides zuzuschreibenden Ilerakles, von dem Schmerz durch 
das vergiftete Kleid der Deianeira gepeinigt, der Grundzug eines hoch- 
gradigen Pathos unverkennbar ist, so können wir auch an dem vBeten- 
dem, dessen Stimme man fast zu hören glaubte, wie an dem Greise, 
der einen Knaben auf der Leier unterrichtet, an welches Gemälde eines 
der schönsten pompeianischen Wandgemälde, das den Kentauren Chei- 
ron den Achilleusknaben im Leierspiel unterrichtend darstellt (Ternite) 
erinnert, das Ueberwiegen des Gefühlsausdruckes kaum bezweifeln. 
Plinius schreibt aber auch dem Aristides die Richtung auf das Patheti- 
sehe, d. h. auf den Ausdruck zartercr wie sehmcrzlicher und leiden- 
schaftlicher Gemüthserregungen, mit bestimmten Worten zu, so dass 
wir in dem Maler den Meister erkennen, dessen Streben dem eines 
Skopas und Praxiteles parallel ging. 
Eine höchst merkwürdige Künstlererscheinung stellt sich uns in des 
Aristides Schüler Euphranor (um 360-330 v. Chr.) entgegen. Viel- 
seitig wie wenige Andere und in Plastik wie Malerei unter die ersten 
Meister zu zählen, entzieht er sich jedoch gerade dadurch wie durch die 
Unzulänglichkeit der erhaltenen Notizen von seinen Gemälden einer 
sicheren Beurtheilung. Doch liegt in einer Aeusserung des Künstlers 
selbst ein ziemlich deutlich sprechender Wink: er soll nemlich seinen 
Theseus mit dem des Parrhasios vergleichend bemerkt haben, dieser 
sehe aus wie mit Rosen, der seine dagegen wie mit dem Fleische des 
Stiers genährt. Der Vergleich musste sich auf zwei Dinge beziehen, 
nemlich auf Farbe und Zeichnung; denn es wären die Rosen zum Ver- 
gleich unpassend, wenn es bei Parrhasios nicht hauptsächlich an war- 
mem Incarnat gefehlt hätte und anderseits musste sich die kräftige Nah- 
rung, welche Euphranofs Theseus verräth, ausser der gesunden Farbe 
auch auf die energische Muskelentwicklung beziehen.  war also wohl 
eine etwas wuchtige Erscheinung dem Euphranor charakteristisch, in ge- 
wisser Beschränkung an den Heraklestypus des Lysippos erinnernd, 
und mit würdigem Ausdruck gepaart, so dass wir begreifen, wie Eu-
	        
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