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Hellas.
bezeichnet, dass man in dem einen ein Familienbild und in dem anderen
vOdysscus auf dem F lOSSa die Scene des Schiffbruchs vor der Phäa-
keninsel mit der Erscheinung der Leukothea nur vermuthen kann, wäh-
rend auch der Athenersieg bei Phlius nicht genau nachzuweisen ist.
Wichtiger aber ist des Plinius Notiz, nach welcher Pamphilos wissen-
schaftliche Ausbildung und namentlich in Mathematik und Geometrie
der Künstlerthätigkeit für unentbehrlich bezeichnete, ebenso wie er das
Zeichnen als zur Bildung gehörig mit Erfolg zum allgemeinen Lehrge-
genstand höherer Schulen zu erheben strebte. Daraus musste eine ganz
rationelle, wissenschaftlich begründete Kunstauffassting entstehen, eine
Kunst, bei welcher es sich um Lehren und Lernen, um Verstehen und
Wissen handelte; und dafür war auch der geeignete Boden Sikyon.
Was dort für die Plastik etwas früher Polyklet gewesen war, dessen
Proportionslehre sich in dem vKanonu verkörpert hatte, das wurde
jetzt, bei grösserem Erfolge vielleicht in den Fussstapfen des Eupompos
wandelnd, für die Malerei Pamphilos. Er war vorwiegend Lehrer, und
zwar durch Wort, Schrift und Bild, und als solcher musste er vielleicht
zum Nachtheil der freien künstlerischen Entwicklung dem Correcten
nachgehen und zwar in Composition, Zeichnung und im Malen. Eine
solche Richtung, welche auch der sikyonischen "Schule den Ruf der
Chrestographie (Correctmalerei) erwarb, musste aber dem Kunstjünger
am Anfang wie am Schluss seiner Lehrjahre entweder grundlegend oder
säubernd und dämmend zu Gute kommen, und es war gewiss auch für
Apelles von Vortheil, in Pamphilos' Schule seine Studienzeit beendigt
zu haben. Wir müssen sie ferner auch der gesammten Entwicklung der
griechischen Malerei als heilsam bezeichnen, wenn wir bedenken, wie
starke Elemente von Ausartung schon in der Richtung eines Zeuxis und
Parrhasios enthalten waren, deren Entfaltung bei den Nachfolgern durch
den Zügel der sikyonischen Schule noch geraume Zeit zurückgehalten
wurde. Mochte indess Pamphilos sein Augenmerk vorzugsweise erst
auf die correcte Durchführung des Einzelnen und namentlich, sich an
Polyklet anschliessend, der menschlichen Gestalt gerichtet haben, so
finden wir in seinem Schüler Melan thios schon den Meister der Com-
position. Diess scheint jedoch dem Charakter der ganzen Schule ent-
sprechend weniger von der grossentheils zur Erfindung gehörigen Wahl
der Situation und des Handlungsmomentes in einem dargestellten Vor-
gang als vielmehr in rein formalem Sinne, nemlich von der Composition
als Eintheilung und Gliederung in Rücksicht auf Raumverhältnisse und
Gleichgewicht zu gelten.
Diesen mehr doctrinaren Künstlererscheinungen stellt sich ein Mit-