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Hellas.
Geläufigeren den Anfang zu machen und so den Weg wieder aufwäns
zu suchen. Die zu besprechende Periode bis zum Anfang der Kaiserzeit
bietet uns für jede Entwicklungsstufe Beispiele, welche sich freilich nur
zum geringsten Theil datiren lassen; allein es scheint dennoch, dass der
angegebene Weg der hellenischerl Renaissance sich wenigstens theil-
weise würde begründen lassen.
Als Nachfolger der Meister des Laokoon und des sog. farnesischen
Stieres tritt uns Agasias von Ephesos entgegen, dessen berühmter
sog. borghesischcr Fechter im Louvre, welcher jedoch einen Krieger
im nctiven Kampfe mit einem Reiter darstellt, auf die Richtung der
rhodischen Schule zurückgeht. Denn da die Statue als nicht zu einer
Gruppe gehörig, sondern als selbständig erwiesen ist, so haben wir in
ihr nichts als eine Paradefigtir zu denken, in welcher der Künstler nur
nach einer Stellung suchte, in der alles Bisherige zu überbieten und Ge-
legenheit gegeben war, seine technische Meisterschaft, wie seine ana-
tomischen Kenntnisse an den Tag zu legen. Dass wir das Werk in
diese Periode und nicht in die Zeit der Blüthe der rhodischen Schule
setzen, dazu veranlasst erstlich der jüngere Schriftcharakter der Künstler-
inschrift, dann das geringere Verstiindniss der Wechselwirkung der
Musculatur, ganz besonders aber das gänzliche Fehlen des Pathetischen
neben der Unbedeutendheit der Idee, welche Elemente jenen rhodischen
Werken noch einen besonderen Werth verleihen.
Wie aber dem kleinasiatischen Künstler rhodischc oder perga-
menische Vorbilder nicht blos nahe lagen, sondern geradezu natürlich
waren, so waren die zahlreichen attischen Meister, welchen wir in dieser
Periode begegnen, mehr auf die attische und sikyonische Blüthezeit ver-
wiesen. Noch behaupteten dort die Ausläufer der lysippischen Schule
das Feld, und welch herrliche Zweige jene Richtung noch in dieser
Zeit trieb, beweist der trotz des Zurückgehens von früherer ubcrmassiger
Schätzung mit Recht viel bewunderte Torso di Bclvedere von Apol-
lonios, Nest0r's Sohn von Athen, im Vatican. Dass wir es bei diesem
mit einem sitzenden Hercules zu thun haben, einem Motiv, das Ly-
sippos wiederholt behandelte, ist sicher, wenn es auch noch nicht ge-
lungen ist, seine Restauration endgültig festzustellen. Am wahrschein-
lichsten wird jedoch die neueste Peterseifsche sein, welche ihn als den
Kitharaspieler bezeichnet. Viel geringer, wenn auch wahrscheinlich
einer lysippischcn Statue in der Auffassung näherstehend, dürfte die
wohl etwas jüngere Statue des stehend auf seine Keule gestützten Hera-
kles des Glykon von Athen sein (vgl. Fig. 18g], welcher eine noch
schlechtere Wiederholung in dem Hercules des Palazzo Pitti, durch eine