Plastik.
Der Apollo von Belvedere.
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Resultate einer Verbindung lysippischer und praxitelischer Richtung,
gleichsam bewusst aufdrängen. Es ist übrigens kein Original im vollen
Sinne des Wortes, sondern eine frührömische Copie eines Bronzevor-
bildes und zwar eine dem letzteren näherstehende, als der neuerlich
gefundene sog. Steinhäusefsche jetzt im Museum zu Basel befindliche
Kopf, welchen Brunn, weil in ihm die charakteristischen Züge des
Bronzestyls durch eine "freiere Marmorbehandlung verwischt erscheinen,
im Gegensatze zur vaticanischen nCopieu bezeichnend eine vUeber-
setzungu in Marmor genannt hat. Eine andere in neuerer Zeit durch
Stephani bekannt gewordene Replik desselben Werkes, eine Bronze-
statuette der Sammlung Stroganoff in Petersburg, hat einen anderen
Umstand berichtigt, ncmlich die Vorstellung von der Handlung, in
welcher der Gott dargestellt war. Da nemlich die linke Hand fehlte,
wurde derselbe mit Ansätzen eines Bogens restaurirt, der Stroganofflsche
Apollon aber lässt noch Reste der in der Hand gehaltenen Aegis er-
kennen, mit welcher Apollon auch bei Homer (llias XV. Vs. 306 fg.) die
siegreichen Griechen zurückdrängt. Wird dadurch der Fernhintretfer
in den Aegisdrauenden verwandelt, so ist darin, da das Acgisschütteln
vornehmlich den Gewittersturm symbolisirt, weiterhin eine übrigens
auch sonst nahe liegende Hinweisung auf die ursprüngliche Bestimmung
des Werkes enthalten. Denn als die Gallier 279 v. Chr. Delphi be-
drohten, wurde die Vertheidigung der Griechen höchst wirksam unter-
stützt von einem furchtbaren Gewittersturm, der die Barbaren in pani-
schen Schrecken versetzte, von den Griechen aber der Intervention des
Apollo, der Athene und Artemis zugeschrieben wurde. Wenn dieser
Sieg auf die Kunst eine ähnliche Wirkung hatte, wie der Galliersieg des
Attalos in Kleinasien, so kann uns diess kaum wundern, und in der
That wird eines Weihgeschenks der Aetoler in Delphi mit Feldherrn
und den Bildern der drei Gottheiten gedacht, wie auch in Patrae aus
gleichem Anlass eine Apollostatuc errichtet ward. Overbeck hat nun
nach jenem Weihgeschenk den belvederischen Apollo mit der Versailler
Artemis und einer schreitenden Athene (capitoliil. Mus ) zu einer Gruppe
verbunden, welchem ansprechenden Gedanken zwar weniger die Un-
gleichheit der Arbeit und selbst der Grösse der drei Statuen im Wege
steht, da diese alle Copien sind und aus verschiedener Zeit stammen,
als vielmehr das Schreiten der MittelEgur, des Apollo, nach rechts hin.
Dieser Schwierigkeit wäre indess durch die Umstellung der Figuren in
der Art zu begegnen, dass Athene zur Rechten und Artemis zur Linken
käme, wodurch sich die Figuren, was auch sonst wahrscheinlicher, statt
zusammen- auseinander bewegten, wobei jedoch die Artemis entschieden