Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

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Hellas. 
zweifellos, ein verwundet sitzender (Neapel) und ein jugendlicher todter 
(Venedig) wenigstens wahrscheinlich sind. Die Cornposition musste nach 
dem Erhaltenen sehr figurenreich sein; denn den fünf erhaltenen Gal- 
liern, deren vielleicht noch mehre waren, entsprachen wohl ebenso viele 
Pergamenier, und so ist vierzig das Geringste, was wir für die Figurenzahl 
des Ganzen anzunehmen haben. Ihre Aufstellung war vermuthlich an 
den Stufen eines, möglicherweise die Statue des Stifters tragenden Denk- 
malsockels, welcher aber hart an der Burgmauer gestanden haben muss, 
da berichtet wird, eine Figur aus der Gigantomachie sei vom Sturm in das 
am Fuss der Akropolis befindliche Theater geschleudert worden. Dass 
aber nur Besiegte sich erhalten haben, scheint mit ein Beweis zu sein, 
dassbwir in den erhaltenen Stücken Reste des Weihgeschenkes selbst 
und keine Nachbildung desselben besitzen; denn abgesehen davon, dass 
man doch kaum das umfangliche Werk später copirt hat, erinnert uns 
gerade die eben erwähnte Wirkung des Sturmes daran, dass die stehen- 
den Siegerstatuen den Jahrhunderten weniger Widerstand leisteten, als 
die schwerer zu beschädigenden liegenden oder kRLlCrHClCH Gestalten, 
deren vermehrter Halt an den Basen sie rettete. Dass sie aber doch 
trotz ihrer stylistischen Verwandtschaft mit der capitolinischen Statue 
und der ludovisischen Gruppe weit geringer und härter erscheinen als 
jene, lässt sich wohl mit Brunn am wahrscheinlichsten dadurch erklären, 
dass sie Schülerwerk und eine gleichzeitige Replik aus dem Atelier jener 
Meister sind, welche ein ähnliches Denkmal, aber im Maassstabe des ster- 
benden Galliers, ausführten. Manche Verringerung der Arbeit mag dazu 
auch auf Rechnung der Reduction zu halber Lebensgrösse zu setzen 
sein, in welcher die Wiederholung für das athenische Weihgeschenk 
dem Könige zu genügen schien. 
Das diesen Gruppen nachstverwandte Werk und in Marmor- 
Behandlung und Auffassung sogar vollkommen gleichartig ist eine 
Figur der Marsyasgruppe, der berühmte Schleifer in den UfHzien zu 
Florenz. Auch dieser erscheint als ein vollkommener Repräsentant des 
Barbarenthums, aber als ein Scythe  wie wir dort. Gallier gefunden 
haben, was indess in Bezug auf die Kunstrichtung keinen Unterschied 
macht. Von den übrigen Figuren der Gruppe  von welcher der zum 
Zweck der Schindung des Marsyas am Boden kauernde und das Messer 
schärfende Barbar wohl keinen Hauptbestandtheil bildete  sind keine 
Originale erhalten; doch zeigt die Copie des Marsyas in Berlin noch 
eine andere Richtung ostentiös ausgesprochen, nemlich die anatomisch 
sorgfältige Körperbehandlung. Dadurch weist die Gruppe auf einen 
anderen Schauplatz der damaligen Kunstthätigkeit hin und bildet gleich-
	        
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