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Hellas.
Museen sogar in mehrfachen Wiederholungen aufgetaucht sind, nicht
mehr vollzählig, so lassen sie doch die Grösse und Eigenalt dieser wun-
derbaren Composition ahnen. Niobe, Gemahlin des Königs Amphion
von Theben, die sich als Mutter von vierzehn blühenden Kindern in
von ihrem Vater Tantalos ererbter Ueberhebung gegen Leto mit ihren
nur zwei göttlichen Kindern vermessen und sich statt jener Göttin zu
opfern geboten hatte, wird von Letols Sprösslingen Apollo und Arte-
mis furchtbar gestraft: vor ihren Augen erliegen ihre sämmtlichen Söhne
und Töchter den rächenden
Pfeilen der beiden Gottheiten.
Sie selbst, mit der Rechten
H vergeblich ihr an sie ge-
"J j" schmiegtes jüngstes Töchter-
n; ' chen zu schützen suchend, ist
i], " im Begriff mit der Linken den
x17 v?! x j Mantel über den Kopf zu zie-
W wir" hen, um den Ausdruck des
m W verzweillungsvollen Seelen_
Km 2.x, Schmerzes zu verhüllen, der
v; x I" sie in wenigenAugenblicken
(lß- L Äfgm nach der Sage zu Stein er-
4 m, starren liess, ein Ausdruck, der
l in seiner königlichen Würde
neben der mütterlichen Ver-
f z], zweiflung wie in seiner Frei-
( I heit von aller Verzerrung so
wunderbar ergreifend wirkt
b bl? III (Fig. 186). Die ihr zueilenden
"l u, Kinder, wie die bereits Ge-
x troffenen stellen Schmerz, Za-
Fig. x86. Mittelfignr der Niobidcngruppe in Florenz. gen und lIl
verschiedenen Graden, doch
stets mit jenem Adel und edlen Maass dar, welche die an sich schreck-
liche Scene so grossartig rührend und zur Tragödie im höchsten Sinne
machen. Der mannigfache Seelenkampf in den jugendlich schönen Ge-
sichtern, die Erregtheit vergeblichen Ringens mit einer unsichtbaren,
unüberwindlichen wie unerbittlichen Macht in jeder Geberde und Bewe-
gung, rückwirkend auch auf die geschwungenen Gewänder, die sozusa-
gen elegische Linienführung der gesammten Composition, welche die
verticale Tendenz der statuarischen und besonders der architektonisch