Plastik.
Skopas.
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Original zurückgeht, da die ganze Haltung wie der grossartige Schwung
der Gewänder viel eher mit den Niobiden als mit den vergöttlichten
Kaiserbildern (Nero als Kitharödos) vergleichbar ist. Ohne eine ge-
wisse rührende Erregtheit und Schwärmerei können wir uns auch kaum
die bithynische Achilleusgruppe denken, welche später im Neptun-
tempel der Region Circus Flaminius zu Rom aufgestellt Ward und nach
Plinius den Meister berühmt gemacht hätte, auch wenn er in seinem
ganzen Leben nichts Anderes geschaffen. Dasselbe stellte die An-
kunft des Achill nach seinem Tode auf der Insel Leuke, und dessen
Aufnahme unter die Meergötter dar, und enthielt ausser Thetis und
Poseidon noch zahlreiche Meerwesen phantastischer Bildung. Von den
letzteren gewinnen wir vielleicht einige Vorstellung durch den herrli-
chen Fries Nr. 115 der Münchener Glyptothelq, welcher aus dem Palast
Santa Croce, somit ungefähr aus der Gegend des Neptuntempels stam-
mend, möglicherweise zu dem letzteren gehörte, und seinen Vorzügen
nach recht wohl mit der Statuengruppe in enger Verbindung und zu
Skopas in einem ähnlichen Verhältnisse gestanden haben kann, wie der
Parthenonfries zu Phidias.
Zaite Schönheit und schwärmerische Innigkeit müssen wir auch bei
den Werken des Meisters aus dem Aphroditenkreise voraussetzen, sonst
hätte nicht Plinius wenigstens die Aphrodite, die sich später zu Rom im
Marstempel der Region Circus Flaminius befand, selbst noch über die
praxitelischen setzen können, oder sonst wären Gruppen wie zu Megara,
Eros, Himeros und Pothos (Liebe, Liebreiz und Verlangen), nach Pau-
sanias ihrer Bedeutung entsprechend charakterisirt, oder wie Aphrodite
mit ihrem priesterlichen Geliebten Phaeton oder Pothos in Samothrake
nicht denkbar. Auch die Gruppe der Leto mit ihrer die Kinder Apollon
und Artemis tragenden Amme Ortygia musste als die Personiücation
von Mutterfreude und Mutterstolz von tiefgemüthvollem Gehalt gewesen
sein. Anschaulicher denn alles Uebrige aber vergegenwärtigt uns die
Richtung des Meisters, welcher gleichwohl schon nach der Liste seiner bis-
her noch ungenannten _Apoll0, Ares, Dionysos und Asklepios, Hekate,
Hestia, Athene, Artemis, Hygieia und in den tegeatischen Giebelgrup-
pen die kaledonische Eberjagd und den Kampf des Achill und Telephos
darstellenden Werke sehr vielseitig gewesen sein mag, eine grössere
Composition, über deren entweder dem Skopas oder dem Praxiteles
zuzuschreibende Urheberschaft aber Plinius im Zweifel ist: die berühmte
Niobegruppe. Besitzen wir auch von dieser das Original nicht mehr
und sind selbst die sehr ungleich gearbeiteten Stücke, von welchen die
meisten in den Ufßcien zu Florenz befindlich, einige in verschiedenen