Plastik.
Schüler
des Phidias und des Myron.
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an künstlerischen Ungleichheiten, an Wiederholungen, an gesuchten
Modificationen wie an geradezu misslungenen Bildungen fehlt, ist kaum
anders möglich, da übcrdiess hier doch manches auch untergeordneteren
Künstlern ganz übertragen sein musste; einzelne Platten aber erschei-
nen sowohl in Bezug auf Raumausfüllung als auf grossartige charak-
tewolle Zeichnung nicht minder bewundernswerth, als das Friesrelicf.
Es weht uns auch an diesen Arbeiten der Hauch der phidiasischen
Schule und Werkstatt entgegen, jene imposante leidenschaftslose Gross-
artigkeit und ideale Einfachheit, welche den Grundzug ihres Wesens
bilden.
Wir besitzen nun allerdings für diese umfanglichen Schöpfungen der
Schule und Werkstatt des Meisters keinen Künstlernamen, doch fehlte
es keineswegs an Gehülfen und Schülern des Meisters, welche auch
eine selbständige Berühmtheit erlangten. Unter diesen ist Alkamen es
aus Lemnos oder Athen an erster Stelle zu nennen, von Welchem die
westliche Giebelfeldgruppe am Zeustempel zu Olympia, den Kentauren-
kampf bei der Hochzeit des Peirithoos darstellend, ferner die marmorne
Aphrodite in den öffentlichen Gärten von Athen, welche ihres schönen
Kopfes, wie ihrer feinen Handgelenke und zarten Finger wegen gerühmt
wird, dann der chryselephantine Dionysos im Tempel dieses Gottes zu
Athen, und endlich der Asklepios in dessen Tempel zu Mantineia unter
mehren anderen Werken hervorragten. Es ist in hohem Grade wahr-
scheinlich, dass dieser Meister, an das von Phidias mustergültig festge-
stellte Zeusideal sich anlehnend, sich vorzugsweise mit der Ausbildung
der Typen anderer bärtiger Gottheiten beschäftigte, welche darum zum
Theil dem Zeusideal so nahe stehen, dass sie bis auf die neueste Zeit
vielfach mit demselben verwechselt worden sind. Und ist es auch nicht
auszumachen, ob hinsichtlich des Asklepios, der z. B. in dem schönen
Marmorkopf des britischen Museums die Verwandtschaft mit dem phi-
diasischen Zeus nicht verkennen lässt, dem Werke des Alkamenes oder
denen von zwei anderen Zeit- und Schulgenossen desselben, nemlich
des Kolotes oder des Thrasymedes (beide aus Paros), der Vorrang
in Bezug auf die Feststellung des Typus zuzusprechen ist, so scheint
doch das Ideal des bärtigen Dionysos und wahrscheinlich auch das des
Hephästos und des Ares auf Alkamenes zurückzuführen zu sein, wie das
des Hades auf Phidias" Lieblingsschtiler Agorakritos. Die ausser-
ordentliche Nähe des Poscidontypus an dem des Zeus erlaubt sogar die
Behauptung, dass auch dieser in derselben Zeit sich festgestellt haben
musste, wenn sich auch zufällig keine Plrwäihnung eines solchen Werkes
an einen der genannten Meister knüpft.