Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

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Hellas. 
der beiden Seiten aber zeigen ein aus dem Wasser auftauchendes und ein 
in dasselbe sich senkendes Gespann, jenes das des Helios mit den 
schnaubenden Rossen, deren herrliche Köpfe allein sichtbar sind, dieses 
das der Selene andeutend, und höchst sinnvoll die Darstellung der 
Athene-Geburt und der Verkündigung, mit Welcher die Nacht schwindet 
und der geistige Tag anbricht, abschliessend. Im Westgiebel stellte 
die Gruppe den Streit der Athene und des Poseidon um das attische 
Land dar. Auch hier ist die Sache, so viel die Zeichnung Carreys 
 denn die Mittelgruppe ist gleichfalls bis auf Wenige Reste ver- 
schwunden  erkennen lässt, entschieden; die beiden Streitenden tren- 
nen sich, Athene zu einer von Nike gezügelten Biga, neben welcher 
Erichthonios und der siegreiche Oelbaum, Poseidon zu Amphitrite und 
ihrem wahrscheinlich mit Delphinen bespannten Wagen gewendet. An 
jedes Gespann reihen sich, die äusseren Giebelwinkel füllend, Localgott- 
heiten und Gefolgschaften; auf der Seite der Athene Demeter, Kora und 
Iakchos (Eleusis), dann der Küstenheros Marathon nebst der Insel- 
nereide Salamis und endlich der Flussgott Kephisos, wie neuestens 
Bötticher gezeigt; dem Poseidon zur Seite Leukothea mit ihrem 
Sohne Palämon-Melikertes, zwei Meergöttinnen, von welchen eine die 
meergeborne Aphrodite auf dem Schoosse und den Eros zur Seite 
hat, und endlich der Flussgott Ilissos mit der Quellnymphe Kallirrhoe. 
Die Compositionen allein lassen schon die Grösse und Höhe des Mei- 
sters, der sie erdacht und so reich wie ungezwungen lebendig geord- 
net, ahnen. Die Reste zeigen aber auch im Einzelnen bei aller na- 
türlichen Einfachheit cine Wucht und Erhabenheit, welche sie über 
Alles erhebt, was der Meissel überhaupt jemals geschaffen. Denn un- 
gesucht im Grossen wie im Kleinen und bei der fleissigsten, sorgfältig- 
sten und hingebendsten Durchbildung in den Körperformen wie in der 
Gewandung, erscheinen sie ohne alles Streben nach effectvoller Wir- 
kung, nicht gemacht, sondern wie durch einen Zauber geworden, als 
eine Schöpfung im höchsten Sinne des Wortes. 
Dass der gleichwohl herrliche Fries, welcher sich als ein Saum 
aussen um die ganze Cellenwand herumzog und zu vier Fünftheilen 
(grossentheils im britischen Museum) erhalten, zur Hälfte sogar fast 
vollkommen erhalten ist, hinsichtlich der Ausführung der Hand des 
Meisters ferner steht, ist selbstverständlich. Doch rührt gewiss auch 
hiefür der Entwurf von ihm her, wie auch die Herstellung selbst unter 
seinen Augen und unter seiner Ueberwachung gefördert wurde. Die 
Scene stellt den Festzug der Panathenäen dar, jene Pompa, deren Ziel 
die Ueberreichung eines Prachtgewandes (Peplos) und einiger anderer
	        
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