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Hellas.
thcn. Als Pcrikles seine vielgefeierte Präsidentschaft antrat (444 v. Chrffi,
erfreute sich der bereits im späteren Mannesalter stehende Meister eines
so grossen und über ganz Griechenland verbreiteten Ruhmes, dass
Künstler hochbedeutenden Ranges sich neidlos unter seine Leitung stell-
ten, sobald Perikles denselben an die Spitze der gesammten monumen-
talen Thätigkeit Athens gesetzt hatte. Leider machen es die verstreuten
und dürftigen Notizen unmöglich, aus den Arbeiten des Meisters dessen
Leben vor der perikleischen Periode zu beleuchten, da wir dieselben
nicht blos nicht vollständig kennen, sondern auch für die bekann-
ten wenig chronologische Anhaltspunkte besitzen. Wir müssen uns
begnügen, die erhaltenen Notizen mehr gegenständlich zusammenzu-
stellen.
An der Spitze steht eine von den Athenern (unter Kimon) aus dem
Zehnten der marathonischen Beute nach Delphi geweihte Erzgruppe,
welche den Miltiades zwischen Athene und Apollon umgeben von den
Stammheroen der zehn attischen Phylen darstellte. Doch wissen wir von
ihr in künstlerischer Beziehung nicht mehr, wie von der Statue eines
sich die Siegerbinde umlegenden Jünglings in Olympia, von einer ver-
wundeten Amazone, einer Concurrenzarbeit, in welcher Polyklet unsern
Meister sogar übertraf, von einem marmornen Hermes in Theben und
von den drei bekleideten Aphroditen, deren eine zu Elis befindliche
chryselephantirl, die beiden anderen aber von Marmor waren. Seine
Hauptthätigkeit entfaltete der Meister in höheren Gebieten, nemlich in
Athene- und Zeusbildern. Von den ersteren sind nicht weniger als
sechs mehr oder minder bekannt, als deren berühmtere zu verzeichnen
sind; die bronzene lemnische, d. h. von attisehen Colonisten aus Lemnos
geweihte, auf der Akropolis in Athen, wegen ihrer Schönheit auch ge-
radezu vdie schönem genannt; die kolossale gleichfalls bronzene eben-
daselbst zwischen Erechtheion und Propyläen aufgestellte Kolossalpal-
las, deren Helmbusch und Lanzenspitze über das 64' hohe Dach des
Parthenon hinweg den Seefahrern bis auf die Höhe von Sunion ent-
gegenschimmerte und deren zweifellos bei Fuss gesetzter Schild (späterä
von Mys nach des Parrhasios Entwurf mit einer ciselirten Kentauro-
machie geschmückt ward, und endlich der Athena Areia zu Platäa,
eines kolossalen Holzbildes mit Goldgewand und marmornen nackten
Theilen nicht näher zu gedenken das unvergleichliche Goldelfenbein-
bild im Parthenon zu Athen, mit welchem der Athenetypils überhaupt
endgültig festgestellt war. Beschreibungen und namentlich eine neuer-
lich in Athen gefundene Marmorstatuette als deren freilich sehr kümmer-
liche Nachbildung und eine bald darauf durch Conze im britischen Mu-