Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

Plastik. 
Die sikyw 
ische 11 
argi v Esche Schule. 
Kalnmis. 
Pythagoras. 
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konnte sich in diesen der hieratischen Bande in Bezug auf Stellung und 
Detailbehandlung noch nicht ganz entschlagen. Er wird desshalb zwar 
etwas weicher als Kanachos oder Kallon, jedoch an Lebenswahrheit 
noch unter Myron stehend geschildert. Während er aber im Ganzen die 
Körperbildung Wenig weiter entwickelt zu haben scheint, obwohlLukian 
auch das Rhythmische in der Fussstellung und die Schönheit des Knö- 
chels der Sosandra rühmt, gelang es ihm mit der Darstellung des Haup- 
tes einen im Vergleich zu den Künstlern der Aeginetengruppe riesigen 
Schritt vorwärts zu gehen. Seine Alkmene muss nach Plinius in dieser 
Beziehung hochbedeutend gewesen sein; geradezu epochemachend aber 
war die wegen der anmuthvollen Schönheit sprichwörtliche Sosandra 
(wohl Aphrodite). Lukian, welcher durch Vergleichung mit hervorra- 
genden Einzelheiten der berühmtesten Kunstwerke, die er kannte, eine 
Vorstellung von der ihm vorschwebenden Idealschönheit geben will, 
glaubt dieses durch die bezeichnenden Worte zu vollenden: vSosandra 
und Kalamis aber mögen unserldealbild mit keuscher Scham schmücken, 
und sein Lächeln sei ehrbar und unbewusst wie das der Sosandraar 
Dass man Angesichts eines solchen Urtheils nicht mehr an die steife 
Unschönheit der Köpfe der Aegineten denken dürfe, sondern anmuth- 
volle Durchbildung des Gesichtes als eine der Haupterrungenschaften 
des Kalamis betrachten müsse, ist klar. Ueber die Gränzen der Kunst 
des Kalamis aber gibt eine andere Notiz Aufschluss. Plinius nemlich 
erzählt, dass der Meister in Pferdedarstellungen unübertrefflich gewesen 
sei; von einem Viergespann desselben aber habe Praxiteles den Wagen- 
lenker weggenommen und einen von seiner Hand an dessen Stelle ge- 
setzt, vdamit Kalamis nicht in Mensehendarstelltmgen geringer als in 
Thierbildern erscheinen Der Wagenlenker des Kalamis musste dem- 
nach störend sein und mit den Pferden entstellend contrastirt haben, 
was auch mit den Nachrichten von der Schönheit seiner Götterstatuen 
keineswegs im Widerspruche steht. Denn die anmuthvolle Schönheit 
wie sie die ruhigstehenden Götter (den widdertragenden Hermes), Göt- 
tinen und Heroinen des Meisters auszeichnete, war hier nicht am 
Platze; hier bedurfte es athletischen Lebens und einer der Situation ent- 
sprechenden Stellung und Bewegung, deren Darstellung über das Ver- 
mögen des wackern Meisters hinausging. 
Solchen Aufgaben aber, an denen Kalamis scheiterte, widmeten 
sich mit glänzendem Erfolge die zwei andern von den genannten Künst- 
lern. Der Rheginer Pythagoras, der sich im Gegensatze zu dem auch 
in Marmor wie in Gold und Elfenbein arbeitenden Kalamis auf Bronze 
als Material beschränkte, verräth mit diesem auch in Bezug auf Gegen-
	        
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