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Hellas.
So war auch die Erfindung des Löthens gewiss nicht ohne Bedeutung
und eine Brücke von dem Nietwerk des Sphyrelaton zum Guss, ja
selbst beim Guss grösserer Werke, welcher wenigstens Anfangs nur
stückweise ausgeführt wurde, unentbehrlich. Die Erfindung scheint erst
am Eisen gemacht worden zu sein, und Glaukos von Chios erregte mit
derselben (im 7. Jahrhundert v. Chr.) um so grösseres Aufsehen, als
der von Alyates nach Delphi geweihte eiserne Krateruntersatz auch
sonst ein Kunstwerk und in seinen Beinen und Spangen mit orna-
mentalem Bildschmuck (in Thieren und Pflanzen) bedeckt war.
Mit Erfüllung dieser beiden Vorbedingungen war der Boden für
den monumentalen Erzguss geebnet, welchen die Samier Rhoikos
und Theodoros, die Söhne des Phileas und Telekles, nicht eigentlich
erfanden denn er war schon den Phönikiern {Giesserei bei Scytho-
polis, vgl. S. 143) bekannt als vielmehr in Griechenland zuerst und
namentlich plastisch anwandten. Ueber ihre Zeit gehen die Ansichten
um mehr als ein Jahrhundert auseinander (vom Anfang des 7. bis zum
Anfang des 6. Jahrhunderts V. Chr), doch bleibt es sicherer, sie mit
Brunn in den Ausgang dieser Periode zu setzen und zwar ohne den
Namen des Theodoros durch die Annahme eines altern und eines
jungem zu verdoppeln. Die Neuerung wird wohl mit dem Massivguss
kleinerer Werke begonnen haben; ob sich aber die beiden Genannten
darauf beschränkten, ist sehr zweifelhaft, da Materialersparung und
Gewichtsverringerung bei grösseren Dimensionen nothwendig auf den
Hohlguss mit feuerfestem Kern führen musste, und vielleicht erst dieser
Fortschritt die beiden Künstler zu Erfindern und berühmt machte.
Indess mochte die Entwicklung der Technik langsam vor sich gegangen
sein und Anfangs die künstlerische Seite beeinträchtigt haben; wenig-
stens berichtet Pausanias von einer weiblichen Statue des Rhoikos (an-
geblich Styx) im Artemistempel zu Ephesos, dass sie noch alterthürn-
licher und roher gewesen sei, als eine gleichfalls bronzene Athene in
Amphissa, welche man dort (fälschlich) troisch nannte. Dass die beiden
Samier auch noch in der alten getriebenen Arbeit thätig waren, erhellt
z. B. aus dem kolossalen von Theodoros gefertigten und von Krösos
nach Delphi geweihten silbernen Mischkrug von 600 Amphoren (an
200,000 Liter) Gehalt, oder aus einem goldenen Weinstock mit Trauben
von gefassten Edelsteinen und einer goldenen Platane im Besitz der
Perserkönige, welche letzteren Werke an Vorbilder in den assyrischen
Palästen erinnern, von deren Existenz Reste von Palmen aus Goldblech,
die neuerlich durch V. Place im Sargonspalast (Khorsabad) an einem
Portale gefunden wurden, Zeugniss geben. Wenn Theodoros demnach