Plastik. Empäsitsche Werke der ersten Ulympiadenzeit. Technische Erfindungen. 2
der Bildhauer nur die Wahl hatte zwischen dem Xoanon und dem
Sphyrelaton, fehlte zur Entwicklung der monumentalen Bildnerei die
materielle Grundlage, und selbst wenn wir vereinzelten Aufgaben
höherer Art, wie in dem Zeuskoloss, den Kypselos oder sein Sohn
Periander nach Olympia weihten, und der von getriebenem Goldblech
(mit Holzkern) war, begegnen, so dürfen wir auch von einer solchen
uns kaum eine andere Vorstellung machen, wie von den übrigen Sphy-
relata dieser und der heroischen Periode, nemlich, dass das Werk dem
Material nach kostbar, künstlerisch aber unbedeutend war. Denn die
technische Unbeholfenheit begünstigte das in der Natur jeder Religion
begründete Beharren bei altehrwürdigen Typen an den Cultbildern und
stand damit in so enger Wechselbeziehung, dass es schwer zu sagen
wäre, ob im Gebiete statuarischer Götterbildnerei die Unbedeutendheit
der Fortschritte mehr auf Rechnung der jede Aenderung erschwerenden
hieratischen Satzung und religiösen Scheu oder der technischen Be-
schränkung auf Puppenxoana und Sphyrelata zu setzen sei.
Zur Förderung der statuarischen Kunst bedurfte es vor Allem neuer
technischer Errungenschaften. Diese wurden gegen Ende der oben
behandelten Periode, zu Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr., gewonnen,
und bestanden hauptsächlich in drei Erfindungen oder vielmehr in der
ausgedehnteren Anwendung derselben, nemlich im Bronzeguss, in der
Marmorplastik und in der chryselephantinen (Goldelfenbein-) Technik.
jede Art hatte ihre allmalige Entwicklung und Wenigstens die erste und
letztere ihre Stufen mit vorbereitenden und Lmterstützenden Neben-
eriindungen. So war es für den Bronzeguss unerlässlich, dass die
Thonplastik einen entsprechenden Aufschwung nahm. Mit diesem
steht der Name des in Korinth sesshaften sikyonischen Töpfers Butades
in Verbindung, Welcher vielleicht um die Mitte des 7. Jahrhunderts die
Firstziegel der Tempel erst mit Hachem (Prostypon), dann mit hohem
Relief (Ektypon) zu schmücken lehrte, und namentlich ein Poirträtrelief
in Thon hinterliess, das bis zur Zerstörung von Korinth im Nymphäon
daselbst als das erste der Art gezeigt wurde, und an welches sich die
anmuthige Anekdote knüpfte, des Butades Tochter habe beim Ab-
schiede von ihrem Geliebten dessen Schatten an der Wand mit Kohle
umrissen, der Vater aber den Contour mit Thon plastisch ausgefüllt
und dann das Werk gebrannt. Beide Notizen haben an sich wenig
Werth; dass aber ein Töpfer als Künstler sich einen dauernden Namen
verschaffte, dürfte vielleicht zeigen, dass mit ihm die Thonbildnerei
wesentliche Fortschritte machte und erst befähigt wurde, die Mutter des
Erzgusses zu werden, der ja Thonmodell und Thonform voraussetzt.
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