Plastik. Steindenkmale der heroischen Periode. Beginn der historischen Zeit. 2
Leistungen einflussreiche Vermittlung. Von diesen Nachbarn borgten
auch die lykischen Kyklopen, welche der Sage nach die merkwürdige
Steinsculptur fertigten, ein Werk, das allem Anschein nach ziemlich
vereinzelt stand und dessen Technik nicht national und heimisch werden
konnte, so lange das Kunstbedürfniss noch an der Decoration tekto-
nischer Gebrauchsgegenstände sein Genügen fand und der Drang nach
monumentaler Kunst, der erst mit der Vollendung des Säulentempels
erwacht zu sein scheint, noch nicht erschlossen war.
Selbst in den zwei ersten historischen Jahrhunderten nach dem
Anfang der Olympiadenrechnung, vom Beginn des achten bis zu dem
sechsten Jahrhundert, scheint sich die Kunstthätigkeit in ihrer Richtung
wenig verändert zu haben. Die statuarische Kunst, von handwerklichen
Bildschnitzerinnungen oder Familien in Athen, Argos und Sikyon ohne
weiteren Aufschwung (dädalisch) vertreten, bleibt in gleicher Weise
zurück hinter der decorativen, welche wenigstens in Bezug auf die Dar-
stellungen sich neue Gebiete eroberte. Beschränkten sich nemlich diese
in der heroischen Zeit in der Hauptsache auf Scenen aus der nächsten
Wirklichkeit, so lag jetzt der bildsame Schatz der Heldensage poetisch
vorgebildet für die Bildnerei bereit, seit die homerischen Gesänge Eigen-
thum der Nation geworden waren, Arktinos von Milet (um die Mitte des
8. Jahrhunderts] und etwas später Lesches von Lesbos, die Ilias weiter-
führend, den Untergang Troia's besungen, Stasimos aus Cypern aber
die der llias vorausgehenden Begebenheiten zu seinem Stoffe gewählt
hatte, während anderseits die Odyssee ihre Parallelen, ausserdem aber
in der Thebais auch der Zug der sieben Helden gegen Theben, dann
die Sagen von der Titanomachie, den T haten des Herakles und des
Theseus ihre epische Darstellung gefunden hatten. Das Epos hatte
der Plastik nicht blos die Gegenstände geliefert, sondern sie auch in
plastischer Anschaulichkeit vor-gebildet, die Vorlagen geschaffen. aus
welchen jetzt die Bildnerei in vollen Zügen schöpfte.
Diess zeigen namentlich die beiden Hauptwerke dieser Zeit, die
Lade des Kypselos im Heräon zu Olympia und der von Bathykles aus
Magnesia gefertigte Thron des amykläischen Apollo. Die erstere, ein
muthmasslich oblonger Schrein aus Cedernholz, den Kypselos, Tyrann
von Korinth, zur Erinnerung an seine Rettung in einem solchen F rucht-
kasten, in welchem er als Kind versteckt den Verfolgungen der
Bacchiaden entgangen War, llaCh Olympia geweiht hatte, war entweder
an den drei Seiten (mit Ausschluss der angelehnten Rückwand) oder
nur an der länglichen Vorderseite mit Bildwerk bedeckt, das sich in fünf
muthmasslich ungleich breiten Streifen übereinander hinzog (vgl. Skizze
REBER, Gesch. d. a. Kunst. I8