Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

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Hellas. 
auf künstlerische Durchbildung des Einzelnen, sondern nur auf Ver- 
ständlichmachung des ganzen Vorgangs ankam. Mit wie wenig künst- 
lerischen Mitteln diess möglich ist, zeigen ägyptische Wandgemälde, 
assyrische Sculpturen und griechische Vasen älteren Styls (vgl. Fig. 172) 
zur Genüge. Wie Knaben Figuren aus Papier, so schnitt wohl der 
Künstler der Heroenzeit seine Figuren aus den dünnen Metallblechen 
und setzte sie raumausfüllend so gut es ging zusammen, dem Verständ- 
nisse, wo es nötliig war, durch beigeschriebene Namen oder Bezeich- 
nungen nachhelfend. Ob es dazu assyrischer Vorbilder direct bedurfte, 
ist fraglich; wahrscheinlich indess, dass auch hierin wie im Sphyrelaton 
vorderasiatischer Einfiuss sich geltend machte und dass die Typen, wie 
wir sie auf den ältesten Vasengemälden finden und welche mehr auf 
phönikische Einwirkung schliessen lassen, stylistisch am nächsten stehen. 
In der Einzelbehandlung solcher Geräthdccorationen lag demnach wenig 
Künstlerisches, dafür umsomehr im Ganzen, in der Erfindung: die 
Schrift war schlecht, um so gewählter aber die Sprache. Dieselben 
Bilder erscheinen auch auf assyrischen Sculpturen, so dass man mit 
Benutzung dieser, wenn man die typischen Formen vom Tigris herüber- 
nehmen wollte, den homerischen Schild reconstruiren könnte; dort 
aber entbehrte die Darstellung des einheitlichen künstlerischen Grund- 
gedankens, des Princips der Entsprechung im Raume, und erscheint 
so, wie Brunn ausführt, als eine in Figuren geschriebene Chronik im Ver- 
gleich mit einem Gedicht, wie es uns  vielleicht mit derselben Ter- 
minologie, derselben Schrift  in der künstlerischen Composition des 
homerischen Schildes entgegentritt. 
Dem Achilleusschilde bei Homer ähnlich ist der pseudohesiodische 
des Herakles zu denken. Seiner äusseren Gestaltung nach unterscheidet 
er sich von dem homerischen hauptsächlich dadurch, dass von den 
fünf scheibenförmigen Lagen die drei inneren, vielleicht unter Ver- 
deckung der ganzen untersten Lage alle vier, an ihren Rändern mit 
schmalen Ringen von Stahl umsäumt waren. Die Mittelplatte schmückte 
das gorgoneionartige von zwölf Schlangen umringelte Haupt des Phobos; 
den nächstfolgenden Streifen eine kriegerische und eine friedliche Scene, 
nemlich der Kampf der Lapithen und Kentauren in der einen und Apoll 
unter den Musen in der andern Hälfte; den dritten Streifen der gleiche 
Gegensatz einer bekriegten und einer friedlichen Stadt in ähnlicher 
Composition, wie sie schon im homerischen Schilde vorgebildet er- 
scheint, und den vierten die Darstellung der vier Jahreszeiten, von der 
homerischen hauptsächlich durch eine Hasenjagd für den Winter unter- 
schieden. Mit diesen vier Gruppen contrastiren die Darstellungen auf
	        
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